Heinis Traktorabenteuer

Bis zum Nordkap und zurück


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Die letzten Kilometer

Süddeutschland ab Bad Mergentheim war von enormem Verkehrsaufkommen geprägt. Ich versuche diesem auszuweichen. Leider gelingt es mir nur halbwegs. Vermutlich bin ich von den menschenleeren Gebieten des Nordens verwöhnt. Der Waldcampingplatz Hüttendorf ist genau das Richtige für mich: Ruhig, wenig Neugierige, keine Gaffer. Nach einer Übernachtung geht es weiter. Auf dem Weg nach Westerheim passiert es wieder: Ein Ehepaar winkt mir und drängt mich mit mit Händen und Füssen, anzuhalten. Ich erschrecke. Habe ich etwa die Türe des Anhängers offen gelassen. Ist sonst etwas nicht in Ordnung. Ich fahre über die Mittellinie, Richtung winkendes Pärchen. Eine sehr gefährliche Aktion bei diesem Verkehr. Auf der anderen Strassenseite angekommen, halte ich an. Was ist los!? Warum haben sie mich rausgewinkt?? – Man glaubt es nicht. Die Leutchen wollen von meinem scheenen Bulldoggle nur ein Foto machen. Ja sind denn die irre, oder was!? Lebensgefährlich, so was. Echt, aber auch.

Ich beruhige mich. Über Westerheim geht’s führt mein Weg schliesslich über viele Hügel Richtung Beuren, zu meinem letzten Übernachtungsort. Ich befinde mich nur noch etwa einen Kilometer vom Campingplatz entfernt. Da passiert es. Ein lauter Knall! Ähnlich einem Gewehrschuss. Ich erschrecke, halte an. Der Motor läuft noch. Doch was ist geschehen? Ich schaue nach. Die Batterie ist explodiert und die Säure läuft unten raus. Tatsächlich. So ein Pech. Ich fahre noch die letzten Meter bis zum Campingplatz und baue dort die Batterie sofort aus. Als Ersatz muss meine Beleuchtungsbatterie aus dem Schäferwagen herhalten. Etwas verdutzt stelle ich etwas später fest, dass die Säurespritzer lauter kleine Löcher in meine Hose gefressen hat. Keine Angst, nichts passiert. Was soll’s. – Am Samstag fahre ich bei enormem Verkehr via Bregenz nach Hause. Endlich. Gesagt habe ich es niemandem. Ich möchte nur noch ankommen. Ruhig und ohne Rummel. Die „Affe im Zoo-Nummer“ hatte ich zu Genüge. Home sweet home ist angesagt. Kein Zirkus, keine Vorführungen, kein Zoo, keine Schaulustigen, keine Journalisten oder sonstwelche ungebetenen Gäste. Basta!

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Verdiente Erholung vom deutschen Verkehrsaufkommen.

Für die Statistik:

  • Gefahrene Kilometer: 8’789 km, davon 4’582 km Hinweg, 4’207 km Rückweg.
  • Wetter: Bis Helsinki heisses Sommerwetter. Bis zum Norkap kalt. Rückweg nass bis zur deutschen Grenze.
  • Reparaturen: Verdeck mehrfach geschweisst. Vordere Pneus achteckig (ab-)gefahren. Scheibenwischermotor sechsmal notdürtig repariert. Motorhaubenaufhängung beidseitig gerissen. Der 15er selbst ist immer super gelaufen.
  • Dieselverbrauch: Sehr mässig, ca. 40 Liter in zwei Tagen.
  • Ölverbrauch: ¾ Liter auf der Hinreise, Ölwechsel in Finnland.
  • Meine Kochkünste: Nicht nur mässig, sondern lausig. Salat kann ich nun, und Pasta mit fertiger Fleischsauce geht auch gerade noch so. In Zukunft lebe ich aber nach dem Motto: Meine Frau kocht und ich esse (klassische Arbeitsteilung). – Dazu gehören immer zwei, gell Papa 🙂 (Anm. d. Red.)

Dank und Abschluss:

  • Meiner lieben Frau Kathrin danke ich für die Akzeptanz und die Unterstützung meiner Wahnsinns-Reise.
  • Urs danke ich für die Administration des Blogs (Gern geschehen – Anm. d. Red.).
  • Den Sponsoren (Tagebuch/Esswaren und Geräte/sowie materieller Art): Sabine und Patric, Toni und Peter, Urs und Sonja, Fischlis.
  • Franz Öller für die Unterstützung in Form seiner Abhandlung und die Revision des 15ers.
  • Allen Lesern und Interessierten für die Geduld und ihr Interesse.

Es war eine einmalige Reise. Mit vielen guten Erlebnissen und Bekanntschaften. Ein spannendes Abenteuer, wenn auch ein etwas wahnsinniges. Dennoch wird es keine Wiederholung geben. Mein Ziel – das Nordkap – habe ich erreicht. Hurra!

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und sein 15er


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Rückreise: Deutschland

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Eine weitere tolle Übernachtungsgelegenheit. Bei den Boltens hinten im Hof.

Samstag, 29.6: Ich überquere die deutsche Grenze und fahre die viel zu grosse Tagesdistanz von 160 Kilometern von Krusa nach Wilster. Spät abends ist es mir wieder einmal nicht möglich, mich bei einem Campingplatz anzumelden. Ich bin bereits im Begriff, mich auf einem heruntergekommenen, dreckigen Parkplatz. häuslich einzurichten, da kommt Hilfe. Der Retter in Not heisst Uwe Bolten. Er erklärt mir freundlich, dass ich auf seinem Hof übernachten dürfe. Mann, bin ich erleichtert. Auf dem Hof der Boltens – Boltens, nicht Waltons – entdecke ich drei stromerzeugende Windräder. Darauf angesprochen, erfahre ich von Uwe, dass der von ihnen ins lokale Netz eingespiesene Strom eine kleine Nebeneinkunft der Familie ist. – Am nächsten Tag melde ich mich bei der örtlichen Polizei. Ich möchte endlich von offizieller Seite erfahren, auf welchen Strassen ich fahren darf, und auf welchen nicht. Wie sich später herausstellen wird, ist die hier von den Behörden erhaltene Auskunft leider nicht vollständig korrekt.

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Die Fähre über die Elbe.

Sonntag, 30.6: Um Hamburg zu umgehen, fahre ich mit der Fähre bei Glückstadt über die Elbe. Schliesslich geht es weiter nach Holm-Seppensen. Eine Strecke von immerhin 120 Kilometern. Hier treffe ich auf Rolf, einen Traktorwanderer, den aus dem Internet kenne. Gleichzeitig ist auch Uwe – ebenfalls Traktorbesitzer – anwesend. Uwe wohnt das ganze Jahr auf demselben Campingplatz und arbeitet bei Mercedes. Jedes Wochenende fährt er zu seiner Familie und wieder zurück zum Arbeitsort. Dafür legt er wöchentlich 920 Kilometern zurück! Lieber Uwe, vielen Dank für die Einladung zum Frühstück! Themenwechsel: Der Fahrtwind läst meine Haare schneller wachsen. Könnte man meinen. Ich muss nämlich dringend zu einem Friseur. Da hier vor Ort aber beide Salons voll ausgelastet sind, muss ich bis Dienstag warten.

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Drei spontane Gäste.

Dienstag, 2.7: Ich fahre 55 Kilometer bis Soltau. Hier im Dorf halte ich vor einem Coiffeur-Salon an. Zwei circa siebenjährige Knaben stehen staunend vor meinem Fahrzeug. Ich schlage ihnen vor, dass sie es während meinem Besuch beim Friseur bewachen. Den älteren befördere ich zum Chef, den kleineren zum Gehilfen. Ich verspreche ihnen gute Bezahlung. Wie ich vom Haareschneiden zurückkomme stehen beide stramm vor Traktor und Hänger. Der grössere erhält einen Euro, der kleinere 80 Cent. Zudem einen Schokoladenriegel. Die beiden strahlen, als wäre ich der Weihnachtsmann. – Auf dem nächsten Campingplatz beweist ein älteres Pärchen – Cousin und Cousine namens Köhler, dass man auch mit einfachsten Mitteln Reisen kann. Hut ab vor deren Impovisationsgabe. Ich wünsche ihnen noch viele schöne Reisen und das sie ihr Ziel – Italien – nächstes Jahr erreichen mögen.

Mittwoch, 3.7: Nun bin ich in der Lüneburger Heide. Eine schöne Gegend, die in Touristen zu ertrinken droht. Ich halte Ausschau nach Schafherden. Leider sehe ich keine. Aber auch Schafe brauchen mal einen freien Tag. Auf meinem Weg mache ich Halt bei einem Soldatenfriedhof. Hier liegen 111 Männer begraben, welche Ende des letzten Weltkriegs – 1945 – gefallen sind. Wenn man denn von Männern sprechen kann. Neunzig Prozent der gefallenen Soldaten waren nämlich erst um die 17 bis 18 Jahre alt. Ich bin sprachlos.

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Links: Fährmann. Rechts: Erdbeerbauer.

Freitag, 5.7: Ich fahre entlang der Weser von Höxter bis Witzenhausen. Nach einer gewissen Zeit, mache ich am Flussufer Halt. Ich stehe vor einer kleinen Fähre. deren Dienste ich auch in Anspruch nehme. Ich gehe an Bord. Vor mir steht ein VW-Transporter voller Erdbeerkörbchen. Der Fährmann meint zum Bauern: „Gib doch dem Schweizer auch ein Körbchen!“ Und tatsächlich: Der Bauer kommt zu mir, und ich erhalte spontan – achtung, jetzt kommt’s – drei Stück. Erdbeeren, nicht Körbchen. Etwas später lädt mich eine Bier trinkende Männerrunde zu einem Glas ein. Ich nehme die Einladung an. Obwohl Bier wahrlich nicht mein Lieblingsgetränk ist. Ich fahre weiter und stelle fest, dass ich den einen oder anderen Schluck bereits spüre. Ich bin etwas beschwipst. Auf meinem weiteren Weg macht mir eine lange Umfahrung echt zu schaffen. Schliesslich frage ich einen Bauern, was ich machen soll. Er sagt: „Fahre mir nach. Wir Bauern müssen doch zusammenhalten!“ Seine Abkürzung ist spitzenmässig.

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Eine der gemütlicheren Fährfahrten. Erdbeeren inklusive.

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Im Beichtstuhl kann man essen. Niederknien und Sünden ablegen muss man hier aber nicht.

Etwas später an einer Tankstelle, lachen alle Anwesenden, als ich zahlen möchte. Ich frage, was denn für allgemeine Erheiterung sorgt. Die Kassiererin meint, sie hätten über mich gesprochen. Ich sei doch der Traktorist, welcher auf Weltreise sei. Ich bekomme einen Riegel. Als ich den Laden verlasse ruft sie mir noch nach: „Wie war es denn so in Russland!?“. „Sehr kalt“, sage ich und verschwinde.

Samstag, 6.7: Auf dem Campingplatz in Wehrda ist kaum Platz frei. Ich frage höflich, ob ich mich irgendwo dazwischen stellen dürfe. Ein alter Mann, mindestens zwei Meter zehn gross, baut sich vor mir auf, nimmt eine Angst einflössende Pose ein und sagt: „Nein, kein Platz!“. Ich frage Goliath, ob es schon einmal mit einem Schweizer Kranzschwinger zu tun gehabt hätte. Scheinbar nicht. Egal. Ich ziehe weiter und parke mein Gefährt in der Nähe bei sehr netten Norwegern.

Sonntag, 7.7: Die Reise führt mich von Wehrda nach Karlstadt. In Fulda befinde ich mich plötzlich wieder einmal auf einer Schnellstrasse. Dies, weil die Polizei im Norden mich falsch orientiert hatte. Ihr erinnert euch. – Ein DENUNZIANT ruft wegen mir die Polizei. Daraufhin rückt diese per Streifenwagen aus und stoppt mich. Unterdessen bin ich aber schon nicht mehr in der Gefahrenzone, sprich auf der Schnellstrasse. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön und ein dreifaches HipHipHurra an die nette Person, welche mich verpfiffen hat. Ich hoffe, sie lesen ebenfalls diesen Blog. Durch ihre Aktion habe ich nämlich zwei sehr nette Polizisten kennengelernt, die für meine Probleme Verständnis zeigten. Ganz im Gegensatz zu ihnen. Danke. – Zur Landschaft: Hier ist die Gegend nun sehr hügelig. Ich komme entsprechend nur sehr langsam vorwärts. (Noch langsamer? Anm. der Redaktion)

Meine Lieben, ich wittere Heimatluft. Bereits in wenigen Tagen wird mich der normale Alltag eingeholt haben. Der 15er läuft wie eine Nähmaschine und mir geht es recht ordentlich. Hoffentlich geht es auh all meinen Lesern gut. Schliesslich haben wir endlich wieder Sommerwetter!

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er


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Rückreise: Süd-Schweden bis Dänemark

Sonntag, 23.6: Heute fahre ich nur 70 Kilometer weit. Und zwar bis nach  Kristinehamm. Dies bei strömendem Regen. Glücklicherweise ist es nicht sehr kalt. Endlich sehe ich wieder grössere Bauernhöfe. Die Weizen- und Gerstenfelder sind hier in ihrem Wachstum noch nicht sehr weit fortgeschritten und dementsprechennoch recht klein. Ich frage mich, wie hier die volle Reife noch erreicht werden soll.

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Individuelle Ortstafeln verschönern hier die Landschaft.

Montag, 24.4: Es ist bedeckt und es regnet wieder den ganzen Tag. Damit ich etwas gute Laune bekomme, besuche ich am Wegrand eine Bäckerei-Konditorei mit Café in Älvsered, einem kleinen Dorf im Nirgendwo. Hier gönne ich mir diverse Süssigkeiten. Der Konditor produziert echt gute Naschereien. Nachdem ich ihm dies sage, darf ich mich zum Dank in seinem Gästebuch verewigen.

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Süssigkeitenstation Nr. 1

Dienstag, 25.6:  Ich bin nun fast am Meer. Unweit von meinem jetzigen Standpunkt möchte ich nach Dänemark einschiffen. Auf dem Campingplatz Valberg (sprich Voolberg) lerne ich ein 80 jähriges, dänisches Ehepaar kennen. – Haltet euch fest: Die beiden sind auf dem Weg zum Kanu-Wildwasserfahren. Ich frage sie, wie man nach der Kanufahrt wieder an den Ausganspunkt und somit zum Auto zurückkommt. Sie lachen und meinen, zu Fuss, mit der Bahn oder dem Postauto. Seltener per Taxi. Die beide essen – in Regenanzügen – bei strömendem Regen im Freien. Unterdessen ist von den andauernden Vibrationen auch die Motorhaubenbefestigung auf der zweiten Seite gebrochen. Na ja, mein Improvisationstalent wird ein weiteres Mal gefordert.

Mittwoch, 26.6: Ich fahre mit der StenaLine über’s Meer. Von Varberg nach Grenaa. Um 15 Uhr bin ich bereit, an Bord zu gehen. Da das Schiff aber erst um 17.30 Uhr ablegt, mache ich ein Nickerchen und prompt muss man mich unsanft wecken. Ich habe verschlafen. Wie bereits in Talinn, weist man mir an Deck zuvorderst einen Platz zu. Weshalb ist für mich nicht ersichtlich. Schliesslich müssen nach der Landung alle sich auf der Fähre befindlichen 350 Fahrzeuge hinter mir hertuckern. Super.

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Die StenaLine von Varberg nach Grenaa.

Auf dem Schiff treffe ich deutsche, pensionierte Leichenschmuggler – sprich: Angestellte eines Beerdigunginstituts. Da die Fähre erst um 23.30 Uhr in Dänemark anlegt, ist es an diesem Abend zu spät, sich auf einem Campingplatz anzumelden. Eine Lösung muss her. Ich übernachte schliesslich auf dem grossen Parkplatz des Fährunternehmens. Wenn jemand von der Reederei reklamieren sollte, sage ich einfach, ich hätte während der Überfahrt etwas zu viel getrunken und könne nicht mehr weiterfahren. So weit kommt es aber nicht. Ich kann ruhig und friedlich schlafen.

Donnerstag, 27.6: Ich fahre bei strömendem Regen von Grenaa bis Juelsminde. Hier treffe ich Franzosen, welche schon seit zehn Jahren mit ihrem Camper unterwegs sind. Von ihnen erfahre ich, dass sie ihr Hab und Gut und auch ihr zu Hause schon vor Jahren verkauft haben. Ziemlich kompromisslos, die beiden.  Als ich am Morgen losfahren möchte, schreit hinter mir plötzlich jemand los. Habe ich etwas oder gar jemanden überfahren? Nein! Glücklicherweise nicht. Es ist lediglich eine ältere Finnin, die da schreit und mir nachrennt. Ich halte an, steige ab und frage sie, was los ist. Die Dame ist derart ausser Atem, dass sie erst nicht sprechen kann. Schliesslich macht sie mich darauf aufmerksam, dass ich vergesssen hätte, vor der Abfahrt meine Geranien ordentlich zu verstauen. Ich erkläre ihr freundlich, dass diese sich immer an ihrem jetzigen Plätzchen befinden. Egal ob Rast, oder Fahrt. Etwas später – immer noch auf demselben Campingplatz – sagt mir der Platzwart, dass sich eine Journalistin angemeldet habe und sich mit mir treffen möchte. Ich sage ihm, er könne sie gleich wieder nach Hause schicken. Ich gebe keine Interwiews. Kurze Zeit später entdecke ich die junge Dame hinter Büschen neben meinen meinem Gefährt. Sie fotografiert mich per Teleobjektiv. Ich pfeife zu ihr rüber. Daraufhin kommt sie näher. Ich spreche kurz mit ihr. Sie möchte einen Artikel über mich schreiben und mir Abzüge der eben geschossenen Fotos zusenden. Ich lehne ab. Schliesslich bin ich ja selbst journalistisch tätig, Wie man hier erkennen kann 🙂

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Hier möchte ich Pfarrer sein. Steyr-Missionar bin ich ja schon 🙂

Freiteag, 28.6: Ich fahre die Strecke von 140 Kilometern von Juelsminde bis nach Krusa. Der Regen ist mein steter Begleiter. In Vejle fahre ich als vorderstes Fahrzeug auf eine rote Ampel zu. Es geht leicht aufwärts. Als die Ampel auf Gelb wechselt, fahre ich im dritten Gang los. Schalten kann ich nicht. Dem Steyr liegt das bei Steigungen nämlich nicht sonderlich. Prompt schaff’s ich’s nicht über die Kreuzung. Mittendrin wechselt die Ampel hinter mir anscheinend wieder auf Rot. Unverzüglich werde ich Zeuge eines unvergesslichen Hupkonzerts. Vor lauter Freude winke ich allen überholenden Fahrzeugen freundlich zu. Schliesslich hört man nicht alle Tage eine derartige Strassensymphonie.

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er


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Rückreise: Schweden

Lange Zeit die einzigen Elche, welche ich zu Gesicht kriege.

Die einzigen Elche, welche ich zu Gesicht kriege.

Dienstag, 11.6: Es ist ein sehr anstrengender Tag. Unterdessen habe ich die Scheibenwischer zum dritten Mal repariert. Auch ein Ölwechsel ist fällig. In einer Garage erklärt man mir, dass die Angestellten dafür keine Zeit hätten. Toll. Schliesslich frage ich nach, ob ich wenigstens das alte Öl bei ihnen entsorgen könne. Der Garagist ist – allerdings etwas verduzt – damit einverstanden. Auf dessen Parkplatz wechsle ich also nun selbst das Öl. Als ich fertig bin, bezahle ich und bedanke mich. Alle Mechaniker kommen plötzlich nach draussen, und können kaum glauben, dass einer einen Ölwechsel mitten auf dem Parkplatz durchgeführt hat. Sie halten mich wohl für etwas verrückt und beginnen eifrig zu klatschen.

Nach dem Reifenwechsel kann es weiter gehen.

Nach dem Reifenwechsel kann es weiter gehen.

In Muonio gibt es ein Schweizer Café. Flugs fahre ich dorthin, betrete das Lokal und setzte mich an einen Tisch. Eine Rüeblitorte schaut verlockend zu mir herüber. Die Chefin plaudert derweil mit einer Schweizerin, dessen Gatte steht schweigend daneben. Nach etwas mehr als fünfzehn Minuten Wartezeit, stehe ich auf, gehe zur Wirtin und bedanke mich für den netten Service. In Finnland wird man anscheinend nicht bedient. Die Rüeblitorte tut mir fast etwas leid. Sie wird auf den nächsten Gast warten müssen, oder vertrocknen. Unterdessen warte ich auf neue Pneus. Genau um 14 Uhr erreicht das Postauto mit der sehnlichst erwarteten Ladung die Ortschaft. Flink werden die Pneus montiert und es kann weitergehen, auf dem Weg über die Grenze nach Schweden. Übrigens: Heute wollte der 15er nicht so leicht starten. Ich bin schon im Begriff, mit ihm ein ernstes Wörtchen zu reden, als mir in den Sinn kommt, dass letzte Nacht Minustemperaturen um die fünf Grad herrschten. Keine einfache Bedingungen für mein Gefährt. Das Gespräch wird verschoben. Ich fahre über die Grenze bis nach Pajala. Auf dem Campingplatz dort, redet eine ältere Finnin auf mich ein. Erinnerungen an einen Sprache gewordenen Wasserfall werden wach. Ich verstehe jedoch kein Wort. Als ich auf Deutsch zu Ihr sage: “Wollen sie mich eigentlich heiraten !?“, schreit diese: „Heiraten!? Heiraten!!? …und weg ist sie. Scheinbar versteht wenigstens sie mich, wenn schon nicht umgekehrt. – Zur Umgebung: Die Büsche werden wieder zu Bäumen. Die Pflanzendichte nimmt zu, meistens zeigt sich die Natur aber immer noch eintönig. Vor allem Wald ist zu sehen.

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Eine schwedische Touristenfalle.

Donnerstag, 13.6: Ich erreiche Gällivare. Mit Schrecken stelle ich fest, dass mein Wassertank irgendwann überlaufen sein muss und der darunter stehende Koffer mit Kleidern inwendig total nass geworden ist. Kein Problem – auf dem Campingplatz finde ich eine Waschmaschine und einen Tumbler. Meine Waschmaschine ist seit gerade mal einer Minute fertig mit waschen, da lege ich vorsorglich etwas Wäsche auf den nebenanstehenden, freien Trockner. Währenddem ich meine Wäsche aus der Maschine nehme, kommt einen Frau hereingestürmt und füllt vor meinen Augen meinen Tumbler. Ne schon klar, siebzig Minuten Wartezeit machen mir nichts aus. Schliesslich bin ich ein Gentleman. Nun weiss ich wenigstens auch woher der Ausspruch „Da werden Weiber zu Hyänen“ stammen könnte.

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Typisches Schweden: Wunderschöne Seen mitten im Nirgendwo.

Es regnet und ist kalt. Auf einer kleinen Tankstelle im Nirgendwo kann ich mit meinen Kreditkarten nicht bezahlen. Ich gehe ins Café nebenan und frage eine Dame, ob sie mir helfen könne. Kein Problem. Sie gibt mir ihre Kreditkarte und schreibt Ihren Code auf einen Zettel. Ich tanke und bezahle cash. Das nenne ich Vertrauen. Hier mein Code für alle meine Freunde: 3338…. – aber nur für Notfälle.

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Eindeutige Kennzeichnung der Campingplatz-Toiletten.

Samstag, 15.6: Westlich von Arvidsjaur – was ein schöner Ortsame – finde ich mit Hilfe eines Schwedens den gesuchten Campingplatz namens Sjostjärnaus. Maria und Beatrice betreiben diesen den Sommer über.
Sie ist Journalistin und er räumt im Winter Schnee für die Gemeinde. Beide empfangen mich herzlich. Ich muss nichts bezahlen, weil ich scheinbar diesen Sommer der erste Kunde bin. Nach dreissig Minuten werde ich sogar spontan zum Nachtessen abgeholt. Die Einladung nehme ich gerne an. Ihre Bleibe – ein ehemaliger Bauernhof – ist blitzeblank und es ist eine Freude hier zu übernachten. Was 1’000 Kilometer landschaftlich ausmachen ist immer wieder erstaunlich. Das Gras ist hier sehr hoch und bereit zum Heuen. Es gibt kaum Häuser der Strasse entlang.

Sonntag, 16.6: Ich erreichte in Blattniksele den Campinplatz ehemaliger Figuren der SRF-Sendung „Die Auswanderer“. Ausserdem treffe ich Steccanellas, bekannte Gesichter aus der Heimat, die ebenfalls hier übernachten.

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Ich mache mich auf den Weg nach Vilhelmina.

Montag, 17.6: Ich fahre bis kurz vor Vilhelmina. Am Vormittag ist am Fahrzeug ein Service nötig. Bei der Motorhaube ist die vordere, linke Aufhängung gebrochen. Es gibt Schlimmeres. Wenigstens spielt das Wetter mit. Es ist schön, aber sehr frisch. Die Bäume (Birken, Föhren) werden höher. Einige wenige Häuser liegen verstreut in der Landschaft. Sonst nur Wald, so weit das Auge reicht.

Mittwoch, 19.6: Ich komme in Oestersund an. Verkehrstechnisch ist es hier die reine Katastrophe. Es hat unglaublich viel Verkehr, ausserdem geht die von mir befahrene E45 zweimal plötzlich in eine Autobahn mit Traktorverbot über. Ein Schwede ist behilflich und weist mir während der Strecke von acht Kilometern den richtigen Weg. Danke.

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Ein Lager der Samen.

20.6: Ich bin in Sveg. Es dauert noch einen Tag bis zum Midsommar-Fest. Eingepfercht wie eine Sardine, verbringe ich die Nacht auf dem lokalen Campingplatz. Die Schweden fahren mit Oldtimern (US-Modelle) rum und besaufen sich bis zum Umfallen. Kaum bin ich hier angekommen, kriege ich von irgendjemandem auch schon einen Schnaps gereicht. Dann kommt Ole, ein Traktorfan, der nicht begreifen kann, dass ich nur einen solchen besitze. Er erzählt mir, er habe 36 (!) von den Dingern. Das einzige deutsche Wort, dass man hier versteht ist Jägermeister. Davon will er mir dann auch laufend einschenken. Am darauf folgenden Morgen bin ich total einparkiert. Was nun? Die Lösung: Den 15er starten und warten. Innert Minuten kommen alle genervt aus ihren Betten herbeispaziert und fahren brav zur Seite. Themenwechsel: Unterdessen ist schon wieder eine Scheibenwischer-Reparatur angesagt. Falls ich richtig gezählt habe, handelt es sich bereits um die Fünfte. Ich brauche dringend einen Lötkolben.

Freitag, 21.6.: Es ist 20.30 Uhr und ich liege 30 Kilometer von Mora entfernt. Ein Campingplatz-Besitzer will sage und schreibe 265 Schwedische Kronen für den Platz und ebensoviel für die Camping-Mitgliedschaft in Schweden. NEIN, nicht mit mir. Das ist purer Wucher. Ich fahre weiter und zeige ihm dabei zweimal einen meiner Finger. Im Nachhinein tut mir das leid. Das hätte ich wohl nicht machen sollen. Aber diese Preise trieben meinen Blutdruck in die Höhe.

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Endlich: Rentiere.

Eine ältere Dame mit Dracula-Zähnen sagt mir, ich solle 300 Meter weiterfahren, und dann rechts in den Wald einbiegen. Da sei ein lauschiges Plätzchen. Sie würde dann etwas später mit dem Hund vorbeikommen. Die Frau macht mir ein wenig Angst. Da ich nicht gebissen werden will, fahre ich weiter und finde acht Kilometer weiter einen offiziellen Gratis-Nachtplatz. Zum Glück. Schliesslich ist bald Vollmond.

Samstag, 22.6: Ich befinde mich zehn Kilometer vor Filipstad und ca. 60 Kilometer von Kristinehamm entfernt. Es ist sehr kalt und regnerisch. Ich sitze um drei Uhr nachmittags im Schäferwagen und heize was das Zeug hält. Ich esse eine Kleinigkeit und koche Tee, um mich aufzuwärmen. Plätzlich klopft es an der Türe. Draussen steht ein Deutscher und sagt zu mir, dass man meine Autonummer – „SG = Sargans!??“ – hier nicht alle Tage sehe. Wir kommen ins Gespräch. Die Besuche und unangenehmen Begegnunen nehmen zu. Deshalb weiche ich mehr und mehr auf kleine Campingplätze aus. Es klopfen immer wieder irgendwelche Leute an meine Türe. Sie sind halt neugierig. Ein alter Finne zerrt mich gar am Ärmel vor den Schäferwagen um mich zu fotografieren. Fremdsprachen kann er keine. Vielleicht wird er darum grob. Gegen Ende des heutigen Tages wechsle ich die hinteren Räder von links nach rechts um zu testen, ob sich das Profil so gleichmässiger abnutzt. Ausserdem erstaunt es mich, dass ich hier im Nirgendwo plötzlch Internet habe. Die Technik scheint keine Grenzen zu kennen.

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Der Traktorist ist hungrig.

Mir geht es nach wie vor gut. Der 15er läuft bestens und ich erreiche nun mehr und mehr Ortschaften, die mir verkehrstechnisch einigen Respekt einflössen. So geschieht es oft, dass ich bei Grün über Kreuzungen fahre und ich mich bei Rot aufgrund meines Tempos erst inmitten dieser befinde. Sehr unangenehm, so was.

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er

PS: Ein Deutscher und ein Schweizer fotografieren mich und mein Gefährt. Ihre Frauen stehen daneben. Da meint die eine zur anderen: „Vermutlich ist dieser Mann (ich) nicht sehr wohlhabend. Schliesslich fährt er mit einem Traktor auf Reisen.“ Da meint die Schweizerin: Das könnte täuschen. Schau‘ mal, der trägt einen Seidenschaal von Frontline aus Zürich. Der ist sogar handroliert.“ Kein Kommentar.


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Finnland – Norwegen – Nordkap

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Mehr als 4’000 Kilometer: Die Reifen verabschieden sich langsam.

Mittwoch, 29.5: Ich fahre von Pieksämäki bis nach Iisalmi. Insgesamt 180 Kilometer – eine unglaublich lange Tagesstrecke mit dem Traktor. Nun sind vom Rütteln alle vier Melamin-Tassen hin. Kaffee wird ab sofort aus Turnschuhen getrunken 🙂 Diese Nacht verbringe ich auf dem Vorplatz einer Anti-Alkhoholikerkirche. Ich versuche, die vorderen Pneus zu drehen, bin dafür aber zu schwach, oder die Pneus zu hart. Sie werden zum echten Problem.

Donnerstag, 30.5: In Iisalmi finde ich eine Pneufirma, welche mir  gegen ein Trinkgeld – also kostenlos – hilft. Die Angestellten schenken mir eine Landkarte mit allen ihren Firmen-Stützpunkten. Ich werde dieses Geschenk später zu schätzen wissen. Die Fahrt geht weiter. Die Strecke ist hügelig, ringsum mich Wald, Wald, Wald. Ein Finne fragt nach den Planskizzen für den Schäferwagen. Ich möchte ihm die Exklusivlizenz für Skandinavien verkaufen, darauf hin verschwindet er. Ein Velorennfahrer fährt lange dieselbe Strecke wie ich. Mal vor, mal hinter mir. Plötzlich dreht er um und verschwindet. Ich bin wohl zu schnell.

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Das entspannte Leben eines Traktorreisenden.

Freitag, 31.5: Mein Tagesablauf: Um 7.00 Uhr stehe ich auf. Es gibt Frühstück. Dann folgt die Intimpflege – schönes Wort. Schliesslich mache ich das Bett und wasche ab. Bevor ich losfahre der allmorgendliche Technical Check, Läden zu, Stützen rauf. Abfahrt! Meistens fahre ich bis 13.30 Uhr, lediglich mit einer kleinen Znüniunterbrechung, durch. Dann picknicke ich, bevor ich mich aufmache, den nächsten Campingplatz zu finden. Beim heutigen Picknick treffe ich zwei Fischer – Hannu und Heiku. Sie setzen sich wortlos zu mir und essen ebenfalls eine Kleinigkeit. Scheinbar warten sie am Rastplatz schon stundenlang auf eine Verwandte. Die Fahrt geht weiter. Nach einigen Kilometern sehe ich plötzlich hunderte von Menschen. Mitten im Nirgendwo treffe ich auf ein Kunstwerk namens „Stilles Volk“. Eindrücklich.

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Fast schon gespenstisch: Das „Stille Volk“ Finnlands.

image003Dort treffe ich erneut auf die beiden Fischer und die Schwägerin des einen. Ich fahre weiter auf der bekannten Via Karelia und befinde mich keine fünf Kilometer von der russischen Grenze entfernt. An einer Tankstelle schenkt man mir Brötchen und wünscht mir eine gute Reise. Anscheinend sehe ich hilfsbedürftig und abgemagert aus. Das erste Rentier kreuzt meinen Weg. Aufgrund des enormen Tempos meines Gefährts ist es mir nicht möglich, während der Fahrt einen Schnappschuss zu machen.

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Traumwetter. Aber nicht mehr lange.

Samstag, 1.6: Die Bäume werden immer kleiner, es ist heiss. Schönstes Sommerwetter zeigt sich mir. Von St. Margrethen bis Ostfinnland haben durchwegs vor allem Föhren geblüht. Nun habe ich anscheinend endgültig den Frühling überholt.

Sonntag, 2.6: Es ist immer noch heiss. Am Abend zieht ein Gewitter auf. Dann plötzlich: Ein Keilriemenriss! Mist. Ich muss das Wasser ablassen, um einen neuen Keilriemen montieren zu können. Plötzlich steht ein Finne neben mir. Er hat Wasser dabei und möchte mir helfen. Weniger angenehm ist hingegen die Bekanntschaft mit den finnischen Mücken.

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Eine meiner zahlreichen Reisebekanntschaften.

Dienstag, 4.6.: Ich erreiche die norwegische Grenze. Das Wetter hat umgeschlagen. Es regnet und ist schweinekalt. Wir sprechen hier von fünf Grad Celsius. Noch nie in meinem Leben habe ich so gefroren. Nachmittags halte ich an, setze den Gasofen in Betrieb und mache mir erstmal einen Tee um mich anschliessend eine Stunde lang im Schäferwagen aufzuwärmen. Ich bin nahe am aufgeben. Ja, ihr lest richtig – aufgeben. Ich beschliesse, noch einmal eine Nacht darüber zu schlafen und mich dann endgültig zu entscheiden. Zu allem Unglück weist mich am selben Abend ein Campingplatzbesitzer ab. Ich kriege keinen Zutritt zu seinem Platz. Grund: Er möchte keinen Traktor auf seinem Gelände. So ein A…. aber auch.

Mittwoch, 5.6: Ich habe lange geschlafen. Wer möchte hier aufgeben??? Den kenne ich nicht, den Aufgeber. Meine Entscheidung ist gefallen. Ein junges Ehepaar aus dem Kanton Bern sagt mir, es seien nur noch 180 Kilometer bis zum Nordkap. Da wird mir klar, ich kann nicht aufgeben. Es geht weiter. In Norwegen wird das Land steiniger. Mir Helvetier kommt das bekannt vor. Ich mag diese Landschaft.

Donnerstag, 6.6: Die Umgebung ist gebirgig und steinig. Man sieht plötzlich keine Büsche und Bäume mehr.

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Hurra! Nach 4’582 Kilometern Fahrt erreiche ich am Freitag den 7.6, um 14 Uhr das Nordkap.

Umgehend rufe ich Kathrin – meine Frau – an. Eine Träne kullert mir über die Wange. Ich habe es geschafft. Hier stehe ich am Ziel meiner Reise und auf dem wohl teuersten Parkplatz der Welt und überall um mich herum Touristen. Ich kriege freien Eintritt – ja man bezahlt am Nodkap tatsächlich Eintritt – und man sagt mir, das Gefährt und ich hätten auf Lebenszeit nichts zu bezahlen. Danke sehr! Deutsche machen Fotos von mir und ich auch von ihnen. Ich schaue mir das Meer und die Felsen an und möchte schliesslich wieder weiterfahren. Zuvor verneige ich mich aber noch kurz vor dem 15er und küsse ihn auf die Motorhaube. Wie ich von einer anschliessenden, kurzen Sightseeing-Tour zum Traktor zurückkomme, sitzt ein Österreicher frech auf der Motorhaube und lässt sich fotografieren. Aber oha! Nicht mit mir. Ich springe auf den Sitz und fahre sofort los. Er muss froh sein, dass er heil runterkommt, der Depp. – Zu Beginn der Rückreise begegnet mir immer wieder eine ältere Französin auf ihrem Fahrrad. Manchmal fährt sie sogar schneller als ich. Unglaublich. Vor dem Nordkap befinden sich übrigens mehrere Tunnels. Eines ist 6,7 Kilometer lang, dunkel, kalt und nass. Man überwindet diverse Steigungen und Gefälle bis neun Prozent. Vor diesem Tunnel sitzt besagte Französin auf dem Boden neben ihrem Fahrrad und weint. Da sie die Durchfahrt ja von der Hinfahrt kennt, weiss sie, was sie erwartet. Ich halte an und sie sagt mir,  sie könne da nicht mehr durch, ihre Angst sei zu gross. Ich messe die Länge ihres Fahrrads und sage ihr, sie müsse alle Fahrradtaschen entfernen. Dann begibt sie sich samt Radl in den Schäferwagen. Nach dem Tunnel halte ich an und möchte sie aussteigen lassen. Sie aber meint, sie hätte sehr gut geschlafen und würde gerne noch ein wenig länger diese Gelegenheit in Anspruch nehmen.

Beim Runterfahren vom Kap überholen mich zwei Reisecars aus den Niederlanden. Kurz darauf stehen beide auf einem grossen Parkplatz und alle Reisenden steigen aus. Ein dicker, alter Tourist steht mitten auf der Strasse, hält die Hände in die Höh‘ und will mich stoppen. Warum wohl?? Ich soll wohl warten bis alle ausgestiegen sind, damit man mich fotografieren kann. Ich mag nicht und fahre mit Volldampf auf ihn zu. Er hat Glück, nicht von mir überfahren worden zu sein. Mann, wäre das eine Schlagzeile geworden. Schweizer überfährt niedeländischen Touristen am Nordkap – oder so ähnlich. Später überholen sie mich wieder und hupen.

Samstag, 8.6.: Ich verpasse dummerweise einen Campingplatz. Die nächsten 180 Kilometer ist weit und breit keiner zu sehen. Ich fahre weiter und schlafe irgendwo in der Pampa. Der Zustand der Pneus wird immer problematischer. Ich muss froh sein, wenn ich die nächst grösseren Ortschaft erreiche. Ich drehe sogar die Räder von innen nach aussen, um die Pneus einmal an einer anderen Stelle zu belasten. Zum Glück habe ich noch das Geschenk – die Landkarte, auf welchen sämtliche Servicestellen der Bereifungsfirma eingetragen sind. Sofort rufe ich bei der nächst gelegenen an. Dort erhalte ich die Auskunft, dass man derart spezielle Reifen erst nach Besichtigung bestellen würde.

Sonntag, 9.6: Ich erreiche Muonio, nahe der finnisch-schwedischen Grenze. Hier mache ich Halt bis Mittwoch. Dann sollten nachmittags um 14 Uhr die bestellten Reifen per Postauto eintreffen. Nach dem Reifenwechsel geht’s weiter nach Schweden. Zum Schluss nochmals zum Wetter: Dieses war auch schon besser. Es ist nach wie vor sehr kalt und feucht. Nichtsdestotrotz geht die Reise bald weiter. Mit neuen Reifen und Rückenwind zurück in die Schweiz. Bis bald.

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er


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Finnland

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Das Wetter spielt mit.

Samstag, 25. Mai: Nun bin ich also in Finnland angekommen. Und wie. Um 19 Uhr abends befinde ich mich mitten in einer Stadt und mein Navigationssystem beginnt rumzuspinnen. Ich fahre eine Stunde planlos durch die Gegend, ohne den Ausgang, sprich die Strasse Richtung Osten zu finden. Die meisten Ausfallstrassen gehen dummerweise in kürzere Stücke Autobahn über. Um 21.30 Uhr finde ich dann endlich einen schönen, grossen Campingplatz. Hurra! Dort hören Otti und seine Frau meinen Sound an der Rezeption und schon werde ich von einer Schweizer Reisegruppe umstellt. Leider sind mir die Eintrittskarten ausgegangen 🙂 Eins wird mir dabei bewusst: Prominent sein möchte ich echt nicht. Um keinen Preis.

Sonntag, 26. Mai: Ich versuche mich erfolgreich an einer Miele Waschmaschine.

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Handschuhe statt Handfesseln.

IMG_0002Montag, 27. Mai: Ich fahre ich gen Osten und da passiert es: Ich befinde mich plötzlich auf einer Autobahn. Die Tafel, welche mich darüber freundlicherweise informiert befindet sich erst am Ende der Einfahrt. Ich kann nicht mehr wenden. Nach zwölf Kilometern, oder dreissig Minuten Fahrt erreiche ich die Ausfahrt. Und wer begrüsst mich dort? Wer wohl??? – Richtig, die Polizei, dein Freund und Helfer. Sogar in doppelter Ausführung. Na denn, denke ich. Ausweis weg, Busse, was wird wohl geschehen? Oh je, oh je. – Weit gefehlt. Die beiden jungen Herren befragen mich. Sie wollen wissen, warum ich mich mit meinem Gefährt auf der Autobahn befinde. Ich erkläre ihnen die Situation und wie schwierig es für mich ist, geeignete Routen zu finden. Daraufhin orientieren mich die beiden sehr freundlich darüber, auf welcher Route ich am besten weiterfahre. Die Polizisten weisen mich auf Strassen hin, welche auf meiner Karte natürlich nicht vorhanden sind. Dann möchten sie gerne noch mein Gefährt fotografieren. Natürlich von Innen und von Aussen – ist ja klar.  Ausserdem schenken sie mir netterweise ein Paar Handschuhe und einen Beinreflektor. Selbstverständlich werde ich letzteren von nun an immer am linken Bein tragen. Damit man mich auch von weitem sieht, werde ich dieses auch stets links aus der Traktorkabine halten. Danke ihr lieben Polizisten, ich werde in Zukunft nie mehr den Begriff Bullen verwenden. Versprochen.

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Mein Cockpit.

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Traktoridylle at its best.

Die zwei Herren fragen mich sogar, ob sie mich beim Sozialpräventionsteam (?) anmelden dürfen. Dann würde man mich in ganz Finnland erkennen und mich dementsprechend auch bevorzugt behandeln. Ja, selbstverständlch dürfen sie das! Ich erwarte die netten Angestellten von der Polizei von nun an in jeder Ortschaft. Na, sauber, ein Traum geht in Erfüllung.

IMG_0003Zwischenzeitlich bin ich in der Nähe von Mikkeli (man sagt Miggeli) in Ostfinnland angekommen. Je weiter nördlich ich mich befinde, desto schwieriger wird es, Internetanschluss zu kriegen. Insgesamt lebe ich aber gesund und munter. Es geht mir gut und der 15er läuft wie eine Nähmaschine. Aber auch er braucht seine Streicheleinheiten. Allabendlich tätschle ich ihm liebevoll auf den Tank.

Viele liebe Grüsse an alle ! Danke für euer Interesse.

Heini und der 15er.


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Litauen, Lettland und Estland

In Litauen und Estland erscheint die Natur fruchtbar, die Topographie eben. Das Land scheint hier im grossen Stil bewirtschaftet zu werden.

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Einer meiner Fans.

Die Felder sind bestellt, aber es ist auch hier weit und breit kein Bauer zu sehen. Die Leute sind sehr zurückhaltend. Niemand winkt oder grüsst. Spricht man aber mit den Menschen sind sie freundlich. Viele alte Höfe verfallen. Die jungen Leute zieht es scheinbar in die Stadt und nach dem Tod der Eltern kümmert sich niemand mehr um die Gebäude. Oft stehen ältere Männer hinter hohen Zäunen und schauen regungslos zu, was so passiert. Zum Glück können sie ihre Köpfe aufstützen, sonst würden sie vor lauter Glotzen noch umfallen.

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Zwei wie Pech und Schwefel.

Wieder einmal erwische ich beinahe die falsche Einfahrt Richtung Autobahn. Im letzten Moment kann ich noch abzweigen. Danach irre ich eine Stunde umher. Schliesslich entscheide ich mich dennoch,  zur Autobahn zurückzukehren und auf dieser weiterzufahren. Alles geht gut. Zum Glück. Auf der Autobahn begegne ich sogar einem Pferdefuhrwerk! – Ratet mal wer schneller war.

Die unzähligen LKWs hinterlassen in den lokalen Strassen enorm tiefe Rillen. Bei Regen füllen sich diese. Sobald sich bei Regen ein LKW aus der Gegenrichtung nähert, bildet sich eine Fontäne über meinem Fahrzeug und ich sehe Sekunden lang nur Wasser.

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Wladimir und seine Bienen.

Mittwoch, 22. Mai: Ich übernachte auf einem LKW-Parkplatz, da sonst keine Alternative vorhanden ist. Ein mulmiges Gefühl kommt auf. Im nächsten Ort lerne ich Wladimir kennen. Er ist Herr über siebzig Bienenvölker und betreibt einen kleinen Campingplatz. Nebenbei unterrichtet er Zeichnen an der örtlichen Schule. Seine Frau ist Ärztin. Recht erstaunt nimmt er zur Kenntnis, dass ich – mit meinem Moskitonetz ausgerüstet – bei ihm in die Lehre gehen möchte. Daraufhin führt er mich in die Welt der Bienen ein. Akribisch führt er Buch über jedes Volk. Von ihm erfahre ich auch, dass im Winter jedes der Bienenvölker eine Kiste samt Bettdecke erhält.

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Da brat‘ mir einer ’nen Storch.

IMG_0014Ich fahre weiter. Die Frau rechts vor dem Haus – ich nenne sie die Apfelfrau – , will mir eine ganze Kiste Äpfel schenken, nur weil ich ihr kurz zuvor mein gesamtes Kleingeld gegeben habe. Auf dieser Strecke fährt ein Maikäfer auf dem Kühler mit (ca. 900m). Dabei sieht er mich stets an, sprechen tut er aber nicht. Leider. Die helvetischen Maikäfer lässt er aber trotzdem grüssen. In Litauen und Lettland ist es übrigens recht schwierig Campingplätze zu finden. Es gibt hier kaum welche. In Lettland bin ich kurz vor dem Verzweifeln. Es ist schon spät. Plötzlich sehe ich eine Tafel: CAMPINGPLATZ. Ich fahre 3,7 Kilometer über eine erbärmliche Strasse Richtung Campingplatz. Dort angekommen muss ich feststellen, dass dieser leider nicht mehr existiert. Beim Zurückfahren treffe ich ein Schweizer Ehepaar, welches darüber in Kenntnis setze. Wir fahren beide weiter. Endlich wieder ein Campingplatz. Leider gibt es hier Mücken ohne. Ausserdem ist alles sehr dreckig. Also weiter. Endlich können wir vor einem sauberen Hotel übernachten. Otti, seine Frau und ich sind echt froh, endlich was Vernünftiges gefunden zu haben. Die darauf folgende Nacht verbringe ich wiederum auf einem LKW-Parkplatz. Auch hier ist es mir nicht ganz geheuer. Estland scheint mir Litauen und Lettland weit voraus zu sein. Die Strassen werden – EU-Gelder sei Dank – besser, die Häuser sind schöner und die Autos alle neueren Datums. Nur die alten, stinkenden LKWs, welche Deutsch beschriftet sind und wohl irgendwann importiert worden sind, sieht man noch vielerorts.

Ein 67 jähriger LKW-Chauffeur erzählt mir, dass er nach Deutschland 25 Stunden unterwegs sei. Dort habe er sechs Abladestellen. Weiter sagt mir der Brummifahrer, dass er noch ca. drei Jahre weiterarbeiten müsse. Warum wohl?

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Die Fähre nach Helsinki.

Samstag, 25. Mai: Ich befinde mich in Tallinn, Estland. Hier findet man riesige Wälder und weite Landschaften. Die Einfamilienhäuser sehen sauber und gepflegt aus. Den Hafen zu finden ist für mich schwierig. Ich habe aber Glück und kann um 16.30 Uhr auf die Fähre. Man platziert mich zuvorderst auf dem Unterdeck. Das kann ja heiter werden. Schliesslich müssen bei der Ankunft in Helsinki alle (!) nachfolgenden Fahrzeuge warten, bis ich die Fähre verlassen habe.

So weit der Stand der Dinge.

Liebe Grüsse an alle. Bis bald!


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Heini und die litauischen Bienen

Dem Internet sei Dank erreicht uns aus den Tiefen Litauens ein Bild von Heini, dass der Blog-Administrator der Öffentlichkeit nicht vorenthalten möchte:

IMG_0016Scheinbar befindet sich unser Müser, Papi und Opi irgendwo bei einem freundlichen, baltischen Imker und seinen Bienen. Genauere Infos folgen. Wir sind gespannt und wünschen weiterhin gute Fahrt! Deine Familie.


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Immer ostwärts – Dresden bis Suwalken

IMG_0026Montag, 13. Mai: Die Aufhängung zum Verdeck ist  schon wieder gebrochen. Ich repariere sie notdürftig und fahre weiter von Dresden nach Boleslawiec. Am Grenzübergang zu Polen stehen elf leichte Mädchen und winken meinem 15er zu. Einige davon bringen auch einige Pfund mehr auf die Waage. Nach der Grenzüberquerung sehe ich um mich herum weite Ebenen mit fruchtbarem Land, so weit das Auge reicht. Die Rapsfelder stehen in voller Blüte. Leider finde ich keinen keinen Campingplatz. Zwar bietet mich ein Arzt, bei ihm zu Hause zu übernachten, ich habe aber persönliche Bedenken und lehne ab. Im Hinterhof eines „Ha Noi“-Lokals verbringe ich die Nacht. Das Lokal und seine Gäste sorgen bis 02.00 Uhr für regen Betrieb. Ein Schaulustiger fotografiert mein Gefährt um diese Urzeit. Toll. Das Blitzlicht ist nicht zu übersehen.

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Dresden an der Elbe.

Dienstag, 14. Mai: Auch heute finde ich keinen Campingplatz. Etwas verzweifelt fahre ich in ein kleines Dorf und versuche Passanten befragend einen zu finden. Zwecklos. Alte Leute haben weisen mich ab und eine sehr alte, gebückt gehende Frau, hat dermassen Angst vor mir, dass sie sich schnell in ihrem Haus verkriecht. Ein junger Mann und sein Vater sind schliesslich meine Rettung. Ich darf in ihrem Innenhof übernachten und werde von ihnen sogar zum Abendessen eingeladen. Nur der Junge spricht Englisch. Am nächsten Morgen ist dieser noch anwesend und lädt mich zum Frühstück ein. Dort berichtet er, dass er heute nicht ins Gymnasium müsse, ja sogar schulfrei erhalten habe, weil ja nur er mit mir sprechen könne und man mich schliesslich auch gebührend – sprich mittels Übergabe einer grossen Wegzehrung – verabschieden müsse.

Mittwoch, 15. Mai: Ich fahre die unglaubliche Tagesdistanz von 210 Kilometern. Mehr als eine Stunde lang suche ich nachts nach einem Campingplatz. Schliesslich werde ich fündig. Doch es ist kein Mensch weit und breit. Ich bin der einzige Gast. Der Platzwart entschuldigt sich später und möchte mir als Wiedergutmachung Geld anbieten.

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Raps wohin das Auge reicht.

Donnerstag, 16. Mai: Ich fahre bis Torun. Eine Strecke von 118 Kilometern. Es ist einfach tolles Wetter. Das Moskito-Fenster kommt erstmals zum Einsatz. In Torun befindet sich ein sehr schöner, aber äusserst lärmiger Campingplatz. Das stört vor allem zur Schlafenszeit gewaltig. Bis hierhin ist die Landschaft weitgehend eben. Die lokalen Felder sind riesengross und allesamt bestellt, die Strassen mörderisch und nicht vergleichbar mit schweizerischen Verhältnissen.

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Wer findet alle Schlaglöcher?

Freitag, 17.Mai: Es geht weiter von Torun bis Ostroda. Die Strassen sind so schlecht, dass ich meinem Unmut freien Lauf lasse: „NEI! NEI! NEI!“, aber es nützt alles Jammern nichts. Da muss ich durch. An einem schönen See in einem Föhren-Wald übernachte ich. Vor zwei Wochen war dieser noch zugefroren. Der Ort stimmt mich hingegen wieder versöhnlich. In der Gegend wird vor allem Raps und Hafer angebaut. Bauern sind nicht zu sehen. Auch Alltagsprobleme begleiten mich: Seit mehr als eineinhalb Wochen möchte ich eine Schere kaufen, um mir meinen Schnauzer stutzen zu können. Das Unterfangen scheint in dieser Gegend unmöglich zu sein. Und plötzlich ein Silberstreif am Horizont: Auf meiner Fahrt mache ich Halt bei einem kleinen Laden. Die Frage nach einer Schere erübrigt sich aber spätestens, nachdem ich die dickliche, ältere Verkäuferin sehe: Sie trägt im Gesicht mehr Haare als ich. Ich muss mir das Lachen verkneifen. Einkaufen tue ich trotzdem: Vier Tomaten, eine Gurke, ein Eis, ein Brot, eine Packung Tee, ein Cervelat (oder wenigstens so was Ähnliches), zwei Trockenwürste und zwei Äpfel. Gesamtpreis: Fr. 6.-

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Waschtag im Hause Wild.

Samstag, 18.Mai: Ich habe Glück. Meine Kugelkopfanhängevorrichtung hat sich gelöst und ich hätte während der Fahrt beinahe die 42mm-Schraube verloren. Larek und Larek – zwei mittelalterliche Saufkumpane –  (Alkoholverbrauch: ca. 5l Korbflaschen-Schnaps in zwei Tagen), können mir zum Glück beim Schraube-Anziehen helfen. Ein Lehrerehepaar aus München schenkt mir eine selbst gemachte Krabbe, ein Herzchen und Glückssteine. Danke, das hat mich sehr gefreut.

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Auch so kann man etwas reparieren.

Sonntag, 19.Mai: Ich fahre bis Augustow. Die Landschaft ist wieder hügeliger und nicht mehr so fruchtbar. Eine Gruppe Männer sitzt am Wegrand  und säuft. Ich möchte ein Foto machen. Einer merkt es, erhebt die Faust und läuft mir nach. Zum Glück ist mein 15er schneller. Schwein gehabt! Auch sonst ist heute ein eher trüber Tag: Im Begriff ein Foto eines Dorfes zu machen, fahre ich auf die Seite und gehe etwas der Strasse entlang zurück. Dabei sehe ich ein Tiger-Büsi und rufe ihr zu: „Geh weg von der Strasse!“. Sekunden später kommt ein Raser und überfährt die Katze. Sie liegt sehr schwer verletzt da. Ich muss sie erlösen – schnell. Sofort hole ich meine Axt aus der einen Kiste und laufe zu ihr hin. Sie zuckt noch mit dem linken Hinterbein, dann ist es vorbei. Zwei Tränen laufen mir über die Wange. Das traurige Erlebnis beschäftigt mich den ganzen Tag lang. Die Zeit vergeht. – Unterdessen bin ich in Litauen angekommen und die Strassen sind hier zum Glück etwas besser. Meinem 15er sage ich täglich, dass er’s gut macht. Allerdings bin ich mir bei aller Euphorie nicht ganz sicher, ob ich mich momentan gerade auf der Autobahn befinde 😉IMG_0019

Bis zum nächsten Mal! Ich Grüsse euch ALLE! Es geht mir gut und ich bin weiterhin motiviert unterwegs. Bis bald!


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Deutschland bis Dresden

Liebe Leute

Nun bin ich eine Woche unterwegs und habe bereits enorm viel erlebt.

Über den Weg via Österreich, Süddeutschland und weiter hinauf Richtung Fichtel- und Erzgebirge möchte ich nicht viel erzählen, nein ich möchte Euch von den vielen Begegnungen mit fremden, aber mir bald wohlvertrauten Menschen, die ich angetroffen habe berichten.

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Mit Überschallgeschwindigkeit auf Deutschlands Strassen

Es beginnt auf der Strecke nach Bregenz, wo mich um 05.30 Uhr zwei ca. 20jährige Punker-Mädchen bedrängen, sie als Autostopperinnen mitzunehmen. Da ich einfach weiterfahre, sehe ich im Rückspiegel den bekannten Finger und andere Gesten. Sei’s drum.

Im Raum Memmingen halte ich kurz auf einem Parkplatz an, um zu kontrollieren, ob alles an meinem Gefährt in Ordnung ist. Ein tschechischer Chauffeur, welcher sonntags nicht fahren darf, kommt zu mir hin und beginnt zu fotografieren. Dann bedankt er sich mit einer Dose Bier aus seiner Heimat und gibt mir viele gute Wünsche mit auf den Weg. An diesem ersten Tag friere ich – v.a. an Beinen und Füssen – als sei es Winter.

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Kletterparadies in Wellheim

Am darauf folgenden Montag komme ich bis nach Wellheim, wo ich auf einem riesengrossen Parkplatz der Gemeinde schlafen kann. Ich habe schon ein wenig Angst – aber pst, nicht weitersagen 🙂 Ein ehemals protestantischer Pfarrer besucht mich dort. Er war einige Jahre Verlagsleiter in Stein am Rhein, danach hat er sich als Busunternehmer selbständig gemacht. Im gleichen Ort sehe ich später einen Kletterfelsen von mindestens sechzig Metern Höhe – ein Wahnisnn!

Dienstag, 7. Mai: An diesem Tag bin ich oberschlau und fahre im Fahrrad-GPS-Modus, leider dementsprechend auch über kleinste Wege dem Limes-Weg entlang. Erstaunlich, dass die Römer hier schon um 90 n. Chr. ihre Zelte aufschlugen. Auf diesen mittelalterlichen Löcherwegen bricht mir dann auch tatsächlich in Erkelshofen die Aufhängung des Verdecks. Übernachten kann ich in der Sippel-Mühle. Insgesamt bin ich an diesem Tag nur 96 Kilometer weit gefahren. Hier erlebe ich zum ersten mal so richtig, wie es sich als Traktorfahrender Wahnsinniger anfühlt. Vor allem wenn einem alle Leute Löcher in den Bauch fragen: Was, warum, wohin, wie lange? … etc. etc. Das öffentliche Interesse scheint enorm. Ich geniesse es. Mein Gefährt ist ein Publikumsmagnet.

Mittwoch 8. Mai: Zum Glück fahre ich bei einer John-Deere Generalvertretung vorbei und der Geschäftsführer ist auch sofort bereit, mir die Aufhängung zu schweissen: Sogar gratis und mit den besten Wünschen. Mein Trinkgeld für die Kaffeekasse wird aber zum Glück gerne angenommen. Der 15er (mein Traktor) war übrigens zutiefst beleidigt, als er neben den grossen John Deere-Maschinen parken musste. Die Räder jener sind schliesslich höher, wie seine Gesamthöhe. Ich habe ihn natürlich sofort getröstet, sanft den Tank gestreichelt und ihm wie jeden Tag versichert, wie zufrieden ich mit ihm sei. In Windischeschenbach auf dem Campingplatz Schweinemühle mache ich Halt. Auch hier wieder nur nette Leute. Ein Bayrischer Steuerbeamter schenkt mir beim Abschied eine seltene Flasche Bier. Danke! Auf einem Parkplatz bei einem Supermarkt will ich losfahren, da kommen zwei Arbeiter vorbei. Der eine steht vor den 15er, schaut sich die Kurbel an und sagt: „Soll ich ankurbeln???“ –  Gerne, sage ich, bereits mit einem Lächeln im Gesicht, weil ich weiss, was nun kommen wird. Er nimmt die Kurbel in die Hand, macht eine halbe Drehung, dann kann er nicht mehr. Er schaut mich an und sagt: „So eine  Sch…..“, und zieht weiter. Ein älterer Herr kommt vorbei und sagt: „Ich kenne sie doch, sie sind in der Camper-Zeitung. Schön meine ich, ich weiss von nichts 🙂

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Gut gespiesen ist halb gefahren

Nun bin ich im Fichtelgebirge. Immer rauf und runter, rauf und runter, mit bis zu 14% Steigung. Im vierten Gang bei 25 kmh, im dritten bei zwölf kmh, im zweiten bei neun kmh. Auf der anderen Seite des Berges hole ich dann wieder auf. Im Leerlauf fahre ich mit sagenhaften 37 kmh durch die Gegend. Nur Fliegen ist schöner.

Donnerstag, 9. Mai (Vatertag): Ich fahre bis zur Talsperre Pirk in Ölsnitz. Ein wanderndes Ehepaar sagt mir zum Glück, dass es hier einen Campingplatz hat. Danke. Viele besoffene Jugendliche gehen in Gruppen zu Fuss mit Veloanhänger und zwei Kisten Bier da rauf und wer nicht mehr kann wird obenauf gelegt. Hier im Vorgtland ist das Leben irgendwie einfacher und fröhlicher. Bei der Ankunft auf dem Platz ist nämlich bereits ein Riesen-Fest im Gange und eine ältere Bierverkäuferin fragt. „Du Schweizer, wann bist du wieder zu Hause?“ „Am 15. September“, sage ich.  „Und wenn deine Frau dich nicht mehr will ???“ – „Die freut sich, wenn ich heimkomme.“ – „Und sonst kommst Du zurück und ziehst bei mir ein“, meint sie.

Wieder stehen viele Leute um mein Fahrzeug. Vier Männer bleiben besonders in Erinnerung: Ein Dachdecker, ein Chauffeur, ein Lagerist, – der Beruf des Vierten ist mir leider entfallen. Plötzlich zieht der Dachdecker einen Fünf-Euro-Schein aus der Tasche und sagt: „Trink unterwegs mal ein Bier.“ Die Bierfrau (Elke) kann später kaum begreifen, dass da einer kommt und eine Cola trinkt und kein Bier. Bei meinem Abschied muss ich der Platzleiterin zudem fest versprechen, zusammen mit meiner Frau wiederzukommen.

Freitag, 10. Mai: Nun bin ich im Erzgebirge. Hier hat es viele Löcher in den Strassen. Immer noch ein Rauf und runter, rauf und runter. Alles im Leerlauf. Ich bin erstaunt, dass ich keine Rückenschmerzen habe. Aber altes Holz ist schliesslich beständig. Ich schlafe nahe einer Fischzucht. Es ist menschenleer.

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Das sympathische Wirtshaus „Kalter Muff“

Samstag, 11. Mai: Der Tag beginnt gut, ich mache ein Foto von der Gegend und der einsamen Waldschenke zum „Kalten Muff“. Die Wirtsleute kommen und fragen mich, ob ich friere (ich muss blau angelaufen sein – nein, nicht vom Alkohol, von der Kälte…). Ich bejahe und schon werde ich zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Danke liebe Wirtsleute.

In der Nähe findet ein Burgfest statt. Die entsprechende Umleitung bedeutet 40 km mehr Fahrt (2 1/2 Stunden in meinem Tempo). Zwei Grossbauern auf dem Feld möchte ich fragen, ob sie eine bessere Strecke kennen. Die beiden grinsen sich gegenseitig an. Keine Antwort. Ich frage erneut. Immer noch dasselbe doofe Lachen. Beinahe ticke ich aus. Ruhig fahre ich weiter.

Themenwechsel. Seit vielen Jahren nicht mehr gesehen: Ein Wiesel springt über die Strasse einer Maus hinterher. Im selben Augenblick überfährt der Gegenverkehr beinahe das Wiesel. „Haste Schwein gehabt!“, rufe ich hinterher. Übrigens: Sobald mich die vielen Pferde entlang den Koppeln hören, eilen sie zum Zaun und beobachten mich. Dann sage ich ihnen jeweils: „S’ist schon gut, ganz ruhig und tschüss. Übrigens: Ich kann nicht einmal singen während der Fahrt: Es ist so laut vom Getriebe- und Motorenlärm, dass ich mich selbst nicht einmal hören kann.

Ich muss tanken. Die alte Frau ist an der Kasse fragt: „Wohin geht’s?“ –  „Zum Nordkap sage ich.“ Sie sperrt den Mund weit auf und kriegt ihn nicht mehr zu. Ich krieg‘ es mit der Angst zu tun. Verdammt mein Erste Hilfe-Kurs ist schon lange her, denke ich. „Muss ich ihnen erste Hilfe anbieten??? „Nein“, sagt sie, „Verarschen kann ich mich selbst.“ Das wars. Ich ziehe weiter.

Sonntag: Ich fahre nicht, mache Service am Fahrzeug und ein ehemaliger Elektrikermeister – mein Platznachbar – hilft mir meinen Scheibenwischer zu reparieren. Danke.

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Say „Cheese“

Am Samstagabend stehen siebzehn Schaulustige um mein Gefährt. Als Beweis das Foto nebenan.

Die nördlich gelegenen Platznachbarn – ein Student mit seinen Eltern und eine befreundete Familie laden mich zum Nachtessen ein. Puh, bin ich froh, um 19.30 Uhr nicht noch kochen zu müssen. Ich hätte sonst was Kaltes gegessen.

Wenigstens kann ich hier ins Internet. Der Student hilft mir beim Einrichten. Leider läuft Outlook nicht wie gewohnt.

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Mein treuer Begleiter

So, das war’s fürs Erste. Jetzt geht es Richtung Polen. Internet-Anschluss wird dort Glücksache sein. Nächstes Mal gibt’s etwas mehr Text zur Gegend und zur Geographie.

Für das Logbuch: Ich bin jetzt 920 Kilometer von zu Hause entfernt. Tanken muss ich jeden zweiten Tag ca. 20 Liter. Ich fahre mit 1,1 atü Druck in den Reifen, weil ich sonst bei den schlechten Strassen auch noch meine letzten Haare verlieren würde 🙂

Weiter geht’s. Liebe Grüsse an alle!

Und Tschüss !