Heinis Traktorabenteuer

Bis zum Nordkap und zurück


Ein Kommentar

Immer ostwärts – Dresden bis Suwalken

IMG_0026Montag, 13. Mai: Die Aufhängung zum Verdeck ist  schon wieder gebrochen. Ich repariere sie notdürftig und fahre weiter von Dresden nach Boleslawiec. Am Grenzübergang zu Polen stehen elf leichte Mädchen und winken meinem 15er zu. Einige davon bringen auch einige Pfund mehr auf die Waage. Nach der Grenzüberquerung sehe ich um mich herum weite Ebenen mit fruchtbarem Land, so weit das Auge reicht. Die Rapsfelder stehen in voller Blüte. Leider finde ich keinen keinen Campingplatz. Zwar bietet mich ein Arzt, bei ihm zu Hause zu übernachten, ich habe aber persönliche Bedenken und lehne ab. Im Hinterhof eines „Ha Noi“-Lokals verbringe ich die Nacht. Das Lokal und seine Gäste sorgen bis 02.00 Uhr für regen Betrieb. Ein Schaulustiger fotografiert mein Gefährt um diese Urzeit. Toll. Das Blitzlicht ist nicht zu übersehen.

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Dresden an der Elbe.

Dienstag, 14. Mai: Auch heute finde ich keinen Campingplatz. Etwas verzweifelt fahre ich in ein kleines Dorf und versuche Passanten befragend einen zu finden. Zwecklos. Alte Leute haben weisen mich ab und eine sehr alte, gebückt gehende Frau, hat dermassen Angst vor mir, dass sie sich schnell in ihrem Haus verkriecht. Ein junger Mann und sein Vater sind schliesslich meine Rettung. Ich darf in ihrem Innenhof übernachten und werde von ihnen sogar zum Abendessen eingeladen. Nur der Junge spricht Englisch. Am nächsten Morgen ist dieser noch anwesend und lädt mich zum Frühstück ein. Dort berichtet er, dass er heute nicht ins Gymnasium müsse, ja sogar schulfrei erhalten habe, weil ja nur er mit mir sprechen könne und man mich schliesslich auch gebührend – sprich mittels Übergabe einer grossen Wegzehrung – verabschieden müsse.

Mittwoch, 15. Mai: Ich fahre die unglaubliche Tagesdistanz von 210 Kilometern. Mehr als eine Stunde lang suche ich nachts nach einem Campingplatz. Schliesslich werde ich fündig. Doch es ist kein Mensch weit und breit. Ich bin der einzige Gast. Der Platzwart entschuldigt sich später und möchte mir als Wiedergutmachung Geld anbieten.

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Raps wohin das Auge reicht.

Donnerstag, 16. Mai: Ich fahre bis Torun. Eine Strecke von 118 Kilometern. Es ist einfach tolles Wetter. Das Moskito-Fenster kommt erstmals zum Einsatz. In Torun befindet sich ein sehr schöner, aber äusserst lärmiger Campingplatz. Das stört vor allem zur Schlafenszeit gewaltig. Bis hierhin ist die Landschaft weitgehend eben. Die lokalen Felder sind riesengross und allesamt bestellt, die Strassen mörderisch und nicht vergleichbar mit schweizerischen Verhältnissen.

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Wer findet alle Schlaglöcher?

Freitag, 17.Mai: Es geht weiter von Torun bis Ostroda. Die Strassen sind so schlecht, dass ich meinem Unmut freien Lauf lasse: „NEI! NEI! NEI!“, aber es nützt alles Jammern nichts. Da muss ich durch. An einem schönen See in einem Föhren-Wald übernachte ich. Vor zwei Wochen war dieser noch zugefroren. Der Ort stimmt mich hingegen wieder versöhnlich. In der Gegend wird vor allem Raps und Hafer angebaut. Bauern sind nicht zu sehen. Auch Alltagsprobleme begleiten mich: Seit mehr als eineinhalb Wochen möchte ich eine Schere kaufen, um mir meinen Schnauzer stutzen zu können. Das Unterfangen scheint in dieser Gegend unmöglich zu sein. Und plötzlich ein Silberstreif am Horizont: Auf meiner Fahrt mache ich Halt bei einem kleinen Laden. Die Frage nach einer Schere erübrigt sich aber spätestens, nachdem ich die dickliche, ältere Verkäuferin sehe: Sie trägt im Gesicht mehr Haare als ich. Ich muss mir das Lachen verkneifen. Einkaufen tue ich trotzdem: Vier Tomaten, eine Gurke, ein Eis, ein Brot, eine Packung Tee, ein Cervelat (oder wenigstens so was Ähnliches), zwei Trockenwürste und zwei Äpfel. Gesamtpreis: Fr. 6.-

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Waschtag im Hause Wild.

Samstag, 18.Mai: Ich habe Glück. Meine Kugelkopfanhängevorrichtung hat sich gelöst und ich hätte während der Fahrt beinahe die 42mm-Schraube verloren. Larek und Larek – zwei mittelalterliche Saufkumpane –  (Alkoholverbrauch: ca. 5l Korbflaschen-Schnaps in zwei Tagen), können mir zum Glück beim Schraube-Anziehen helfen. Ein Lehrerehepaar aus München schenkt mir eine selbst gemachte Krabbe, ein Herzchen und Glückssteine. Danke, das hat mich sehr gefreut.

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Auch so kann man etwas reparieren.

Sonntag, 19.Mai: Ich fahre bis Augustow. Die Landschaft ist wieder hügeliger und nicht mehr so fruchtbar. Eine Gruppe Männer sitzt am Wegrand  und säuft. Ich möchte ein Foto machen. Einer merkt es, erhebt die Faust und läuft mir nach. Zum Glück ist mein 15er schneller. Schwein gehabt! Auch sonst ist heute ein eher trüber Tag: Im Begriff ein Foto eines Dorfes zu machen, fahre ich auf die Seite und gehe etwas der Strasse entlang zurück. Dabei sehe ich ein Tiger-Büsi und rufe ihr zu: „Geh weg von der Strasse!“. Sekunden später kommt ein Raser und überfährt die Katze. Sie liegt sehr schwer verletzt da. Ich muss sie erlösen – schnell. Sofort hole ich meine Axt aus der einen Kiste und laufe zu ihr hin. Sie zuckt noch mit dem linken Hinterbein, dann ist es vorbei. Zwei Tränen laufen mir über die Wange. Das traurige Erlebnis beschäftigt mich den ganzen Tag lang. Die Zeit vergeht. – Unterdessen bin ich in Litauen angekommen und die Strassen sind hier zum Glück etwas besser. Meinem 15er sage ich täglich, dass er’s gut macht. Allerdings bin ich mir bei aller Euphorie nicht ganz sicher, ob ich mich momentan gerade auf der Autobahn befinde 😉IMG_0019

Bis zum nächsten Mal! Ich Grüsse euch ALLE! Es geht mir gut und ich bin weiterhin motiviert unterwegs. Bis bald!


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Das ist meine Route

 

In einer höheren Auflösung – allerdings ohne Musik – findest du die Route auch auf Tripline.net