Heinis Traktorabenteuer

Bis zum Nordkap und zurück


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Die letzten Kilometer

Süddeutschland ab Bad Mergentheim war von enormem Verkehrsaufkommen geprägt. Ich versuche diesem auszuweichen. Leider gelingt es mir nur halbwegs. Vermutlich bin ich von den menschenleeren Gebieten des Nordens verwöhnt. Der Waldcampingplatz Hüttendorf ist genau das Richtige für mich: Ruhig, wenig Neugierige, keine Gaffer. Nach einer Übernachtung geht es weiter. Auf dem Weg nach Westerheim passiert es wieder: Ein Ehepaar winkt mir und drängt mich mit mit Händen und Füssen, anzuhalten. Ich erschrecke. Habe ich etwa die Türe des Anhängers offen gelassen. Ist sonst etwas nicht in Ordnung. Ich fahre über die Mittellinie, Richtung winkendes Pärchen. Eine sehr gefährliche Aktion bei diesem Verkehr. Auf der anderen Strassenseite angekommen, halte ich an. Was ist los!? Warum haben sie mich rausgewinkt?? – Man glaubt es nicht. Die Leutchen wollen von meinem scheenen Bulldoggle nur ein Foto machen. Ja sind denn die irre, oder was!? Lebensgefährlich, so was. Echt, aber auch.

Ich beruhige mich. Über Westerheim geht’s führt mein Weg schliesslich über viele Hügel Richtung Beuren, zu meinem letzten Übernachtungsort. Ich befinde mich nur noch etwa einen Kilometer vom Campingplatz entfernt. Da passiert es. Ein lauter Knall! Ähnlich einem Gewehrschuss. Ich erschrecke, halte an. Der Motor läuft noch. Doch was ist geschehen? Ich schaue nach. Die Batterie ist explodiert und die Säure läuft unten raus. Tatsächlich. So ein Pech. Ich fahre noch die letzten Meter bis zum Campingplatz und baue dort die Batterie sofort aus. Als Ersatz muss meine Beleuchtungsbatterie aus dem Schäferwagen herhalten. Etwas verdutzt stelle ich etwas später fest, dass die Säurespritzer lauter kleine Löcher in meine Hose gefressen hat. Keine Angst, nichts passiert. Was soll’s. – Am Samstag fahre ich bei enormem Verkehr via Bregenz nach Hause. Endlich. Gesagt habe ich es niemandem. Ich möchte nur noch ankommen. Ruhig und ohne Rummel. Die „Affe im Zoo-Nummer“ hatte ich zu Genüge. Home sweet home ist angesagt. Kein Zirkus, keine Vorführungen, kein Zoo, keine Schaulustigen, keine Journalisten oder sonstwelche ungebetenen Gäste. Basta!

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Verdiente Erholung vom deutschen Verkehrsaufkommen.

Für die Statistik:

  • Gefahrene Kilometer: 8’789 km, davon 4’582 km Hinweg, 4’207 km Rückweg.
  • Wetter: Bis Helsinki heisses Sommerwetter. Bis zum Norkap kalt. Rückweg nass bis zur deutschen Grenze.
  • Reparaturen: Verdeck mehrfach geschweisst. Vordere Pneus achteckig (ab-)gefahren. Scheibenwischermotor sechsmal notdürtig repariert. Motorhaubenaufhängung beidseitig gerissen. Der 15er selbst ist immer super gelaufen.
  • Dieselverbrauch: Sehr mässig, ca. 40 Liter in zwei Tagen.
  • Ölverbrauch: ¾ Liter auf der Hinreise, Ölwechsel in Finnland.
  • Meine Kochkünste: Nicht nur mässig, sondern lausig. Salat kann ich nun, und Pasta mit fertiger Fleischsauce geht auch gerade noch so. In Zukunft lebe ich aber nach dem Motto: Meine Frau kocht und ich esse (klassische Arbeitsteilung). – Dazu gehören immer zwei, gell Papa 🙂 (Anm. d. Red.)

Dank und Abschluss:

  • Meiner lieben Frau Kathrin danke ich für die Akzeptanz und die Unterstützung meiner Wahnsinns-Reise.
  • Urs danke ich für die Administration des Blogs (Gern geschehen – Anm. d. Red.).
  • Den Sponsoren (Tagebuch/Esswaren und Geräte/sowie materieller Art): Sabine und Patric, Toni und Peter, Urs und Sonja, Fischlis.
  • Franz Öller für die Unterstützung in Form seiner Abhandlung und die Revision des 15ers.
  • Allen Lesern und Interessierten für die Geduld und ihr Interesse.

Es war eine einmalige Reise. Mit vielen guten Erlebnissen und Bekanntschaften. Ein spannendes Abenteuer, wenn auch ein etwas wahnsinniges. Dennoch wird es keine Wiederholung geben. Mein Ziel – das Nordkap – habe ich erreicht. Hurra!

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und sein 15er


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Rückreise: Süd-Schweden bis Dänemark

Sonntag, 23.6: Heute fahre ich nur 70 Kilometer weit. Und zwar bis nach  Kristinehamm. Dies bei strömendem Regen. Glücklicherweise ist es nicht sehr kalt. Endlich sehe ich wieder grössere Bauernhöfe. Die Weizen- und Gerstenfelder sind hier in ihrem Wachstum noch nicht sehr weit fortgeschritten und dementsprechennoch recht klein. Ich frage mich, wie hier die volle Reife noch erreicht werden soll.

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Individuelle Ortstafeln verschönern hier die Landschaft.

Montag, 24.4: Es ist bedeckt und es regnet wieder den ganzen Tag. Damit ich etwas gute Laune bekomme, besuche ich am Wegrand eine Bäckerei-Konditorei mit Café in Älvsered, einem kleinen Dorf im Nirgendwo. Hier gönne ich mir diverse Süssigkeiten. Der Konditor produziert echt gute Naschereien. Nachdem ich ihm dies sage, darf ich mich zum Dank in seinem Gästebuch verewigen.

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Süssigkeitenstation Nr. 1

Dienstag, 25.6:  Ich bin nun fast am Meer. Unweit von meinem jetzigen Standpunkt möchte ich nach Dänemark einschiffen. Auf dem Campingplatz Valberg (sprich Voolberg) lerne ich ein 80 jähriges, dänisches Ehepaar kennen. – Haltet euch fest: Die beiden sind auf dem Weg zum Kanu-Wildwasserfahren. Ich frage sie, wie man nach der Kanufahrt wieder an den Ausganspunkt und somit zum Auto zurückkommt. Sie lachen und meinen, zu Fuss, mit der Bahn oder dem Postauto. Seltener per Taxi. Die beide essen – in Regenanzügen – bei strömendem Regen im Freien. Unterdessen ist von den andauernden Vibrationen auch die Motorhaubenbefestigung auf der zweiten Seite gebrochen. Na ja, mein Improvisationstalent wird ein weiteres Mal gefordert.

Mittwoch, 26.6: Ich fahre mit der StenaLine über’s Meer. Von Varberg nach Grenaa. Um 15 Uhr bin ich bereit, an Bord zu gehen. Da das Schiff aber erst um 17.30 Uhr ablegt, mache ich ein Nickerchen und prompt muss man mich unsanft wecken. Ich habe verschlafen. Wie bereits in Talinn, weist man mir an Deck zuvorderst einen Platz zu. Weshalb ist für mich nicht ersichtlich. Schliesslich müssen nach der Landung alle sich auf der Fähre befindlichen 350 Fahrzeuge hinter mir hertuckern. Super.

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Die StenaLine von Varberg nach Grenaa.

Auf dem Schiff treffe ich deutsche, pensionierte Leichenschmuggler – sprich: Angestellte eines Beerdigunginstituts. Da die Fähre erst um 23.30 Uhr in Dänemark anlegt, ist es an diesem Abend zu spät, sich auf einem Campingplatz anzumelden. Eine Lösung muss her. Ich übernachte schliesslich auf dem grossen Parkplatz des Fährunternehmens. Wenn jemand von der Reederei reklamieren sollte, sage ich einfach, ich hätte während der Überfahrt etwas zu viel getrunken und könne nicht mehr weiterfahren. So weit kommt es aber nicht. Ich kann ruhig und friedlich schlafen.

Donnerstag, 27.6: Ich fahre bei strömendem Regen von Grenaa bis Juelsminde. Hier treffe ich Franzosen, welche schon seit zehn Jahren mit ihrem Camper unterwegs sind. Von ihnen erfahre ich, dass sie ihr Hab und Gut und auch ihr zu Hause schon vor Jahren verkauft haben. Ziemlich kompromisslos, die beiden.  Als ich am Morgen losfahren möchte, schreit hinter mir plötzlich jemand los. Habe ich etwas oder gar jemanden überfahren? Nein! Glücklicherweise nicht. Es ist lediglich eine ältere Finnin, die da schreit und mir nachrennt. Ich halte an, steige ab und frage sie, was los ist. Die Dame ist derart ausser Atem, dass sie erst nicht sprechen kann. Schliesslich macht sie mich darauf aufmerksam, dass ich vergesssen hätte, vor der Abfahrt meine Geranien ordentlich zu verstauen. Ich erkläre ihr freundlich, dass diese sich immer an ihrem jetzigen Plätzchen befinden. Egal ob Rast, oder Fahrt. Etwas später – immer noch auf demselben Campingplatz – sagt mir der Platzwart, dass sich eine Journalistin angemeldet habe und sich mit mir treffen möchte. Ich sage ihm, er könne sie gleich wieder nach Hause schicken. Ich gebe keine Interwiews. Kurze Zeit später entdecke ich die junge Dame hinter Büschen neben meinen meinem Gefährt. Sie fotografiert mich per Teleobjektiv. Ich pfeife zu ihr rüber. Daraufhin kommt sie näher. Ich spreche kurz mit ihr. Sie möchte einen Artikel über mich schreiben und mir Abzüge der eben geschossenen Fotos zusenden. Ich lehne ab. Schliesslich bin ich ja selbst journalistisch tätig, Wie man hier erkennen kann 🙂

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Hier möchte ich Pfarrer sein. Steyr-Missionar bin ich ja schon 🙂

Freiteag, 28.6: Ich fahre die Strecke von 140 Kilometern von Juelsminde bis nach Krusa. Der Regen ist mein steter Begleiter. In Vejle fahre ich als vorderstes Fahrzeug auf eine rote Ampel zu. Es geht leicht aufwärts. Als die Ampel auf Gelb wechselt, fahre ich im dritten Gang los. Schalten kann ich nicht. Dem Steyr liegt das bei Steigungen nämlich nicht sonderlich. Prompt schaff’s ich’s nicht über die Kreuzung. Mittendrin wechselt die Ampel hinter mir anscheinend wieder auf Rot. Unverzüglich werde ich Zeuge eines unvergesslichen Hupkonzerts. Vor lauter Freude winke ich allen überholenden Fahrzeugen freundlich zu. Schliesslich hört man nicht alle Tage eine derartige Strassensymphonie.

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er


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Rückreise: Schweden

Lange Zeit die einzigen Elche, welche ich zu Gesicht kriege.

Die einzigen Elche, welche ich zu Gesicht kriege.

Dienstag, 11.6: Es ist ein sehr anstrengender Tag. Unterdessen habe ich die Scheibenwischer zum dritten Mal repariert. Auch ein Ölwechsel ist fällig. In einer Garage erklärt man mir, dass die Angestellten dafür keine Zeit hätten. Toll. Schliesslich frage ich nach, ob ich wenigstens das alte Öl bei ihnen entsorgen könne. Der Garagist ist – allerdings etwas verduzt – damit einverstanden. Auf dessen Parkplatz wechsle ich also nun selbst das Öl. Als ich fertig bin, bezahle ich und bedanke mich. Alle Mechaniker kommen plötzlich nach draussen, und können kaum glauben, dass einer einen Ölwechsel mitten auf dem Parkplatz durchgeführt hat. Sie halten mich wohl für etwas verrückt und beginnen eifrig zu klatschen.

Nach dem Reifenwechsel kann es weiter gehen.

Nach dem Reifenwechsel kann es weiter gehen.

In Muonio gibt es ein Schweizer Café. Flugs fahre ich dorthin, betrete das Lokal und setzte mich an einen Tisch. Eine Rüeblitorte schaut verlockend zu mir herüber. Die Chefin plaudert derweil mit einer Schweizerin, dessen Gatte steht schweigend daneben. Nach etwas mehr als fünfzehn Minuten Wartezeit, stehe ich auf, gehe zur Wirtin und bedanke mich für den netten Service. In Finnland wird man anscheinend nicht bedient. Die Rüeblitorte tut mir fast etwas leid. Sie wird auf den nächsten Gast warten müssen, oder vertrocknen. Unterdessen warte ich auf neue Pneus. Genau um 14 Uhr erreicht das Postauto mit der sehnlichst erwarteten Ladung die Ortschaft. Flink werden die Pneus montiert und es kann weitergehen, auf dem Weg über die Grenze nach Schweden. Übrigens: Heute wollte der 15er nicht so leicht starten. Ich bin schon im Begriff, mit ihm ein ernstes Wörtchen zu reden, als mir in den Sinn kommt, dass letzte Nacht Minustemperaturen um die fünf Grad herrschten. Keine einfache Bedingungen für mein Gefährt. Das Gespräch wird verschoben. Ich fahre über die Grenze bis nach Pajala. Auf dem Campingplatz dort, redet eine ältere Finnin auf mich ein. Erinnerungen an einen Sprache gewordenen Wasserfall werden wach. Ich verstehe jedoch kein Wort. Als ich auf Deutsch zu Ihr sage: “Wollen sie mich eigentlich heiraten !?“, schreit diese: „Heiraten!? Heiraten!!? …und weg ist sie. Scheinbar versteht wenigstens sie mich, wenn schon nicht umgekehrt. – Zur Umgebung: Die Büsche werden wieder zu Bäumen. Die Pflanzendichte nimmt zu, meistens zeigt sich die Natur aber immer noch eintönig. Vor allem Wald ist zu sehen.

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Eine schwedische Touristenfalle.

Donnerstag, 13.6: Ich erreiche Gällivare. Mit Schrecken stelle ich fest, dass mein Wassertank irgendwann überlaufen sein muss und der darunter stehende Koffer mit Kleidern inwendig total nass geworden ist. Kein Problem – auf dem Campingplatz finde ich eine Waschmaschine und einen Tumbler. Meine Waschmaschine ist seit gerade mal einer Minute fertig mit waschen, da lege ich vorsorglich etwas Wäsche auf den nebenanstehenden, freien Trockner. Währenddem ich meine Wäsche aus der Maschine nehme, kommt einen Frau hereingestürmt und füllt vor meinen Augen meinen Tumbler. Ne schon klar, siebzig Minuten Wartezeit machen mir nichts aus. Schliesslich bin ich ein Gentleman. Nun weiss ich wenigstens auch woher der Ausspruch „Da werden Weiber zu Hyänen“ stammen könnte.

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Typisches Schweden: Wunderschöne Seen mitten im Nirgendwo.

Es regnet und ist kalt. Auf einer kleinen Tankstelle im Nirgendwo kann ich mit meinen Kreditkarten nicht bezahlen. Ich gehe ins Café nebenan und frage eine Dame, ob sie mir helfen könne. Kein Problem. Sie gibt mir ihre Kreditkarte und schreibt Ihren Code auf einen Zettel. Ich tanke und bezahle cash. Das nenne ich Vertrauen. Hier mein Code für alle meine Freunde: 3338…. – aber nur für Notfälle.

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Eindeutige Kennzeichnung der Campingplatz-Toiletten.

Samstag, 15.6: Westlich von Arvidsjaur – was ein schöner Ortsame – finde ich mit Hilfe eines Schwedens den gesuchten Campingplatz namens Sjostjärnaus. Maria und Beatrice betreiben diesen den Sommer über.
Sie ist Journalistin und er räumt im Winter Schnee für die Gemeinde. Beide empfangen mich herzlich. Ich muss nichts bezahlen, weil ich scheinbar diesen Sommer der erste Kunde bin. Nach dreissig Minuten werde ich sogar spontan zum Nachtessen abgeholt. Die Einladung nehme ich gerne an. Ihre Bleibe – ein ehemaliger Bauernhof – ist blitzeblank und es ist eine Freude hier zu übernachten. Was 1’000 Kilometer landschaftlich ausmachen ist immer wieder erstaunlich. Das Gras ist hier sehr hoch und bereit zum Heuen. Es gibt kaum Häuser der Strasse entlang.

Sonntag, 16.6: Ich erreichte in Blattniksele den Campinplatz ehemaliger Figuren der SRF-Sendung „Die Auswanderer“. Ausserdem treffe ich Steccanellas, bekannte Gesichter aus der Heimat, die ebenfalls hier übernachten.

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Ich mache mich auf den Weg nach Vilhelmina.

Montag, 17.6: Ich fahre bis kurz vor Vilhelmina. Am Vormittag ist am Fahrzeug ein Service nötig. Bei der Motorhaube ist die vordere, linke Aufhängung gebrochen. Es gibt Schlimmeres. Wenigstens spielt das Wetter mit. Es ist schön, aber sehr frisch. Die Bäume (Birken, Föhren) werden höher. Einige wenige Häuser liegen verstreut in der Landschaft. Sonst nur Wald, so weit das Auge reicht.

Mittwoch, 19.6: Ich komme in Oestersund an. Verkehrstechnisch ist es hier die reine Katastrophe. Es hat unglaublich viel Verkehr, ausserdem geht die von mir befahrene E45 zweimal plötzlich in eine Autobahn mit Traktorverbot über. Ein Schwede ist behilflich und weist mir während der Strecke von acht Kilometern den richtigen Weg. Danke.

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Ein Lager der Samen.

20.6: Ich bin in Sveg. Es dauert noch einen Tag bis zum Midsommar-Fest. Eingepfercht wie eine Sardine, verbringe ich die Nacht auf dem lokalen Campingplatz. Die Schweden fahren mit Oldtimern (US-Modelle) rum und besaufen sich bis zum Umfallen. Kaum bin ich hier angekommen, kriege ich von irgendjemandem auch schon einen Schnaps gereicht. Dann kommt Ole, ein Traktorfan, der nicht begreifen kann, dass ich nur einen solchen besitze. Er erzählt mir, er habe 36 (!) von den Dingern. Das einzige deutsche Wort, dass man hier versteht ist Jägermeister. Davon will er mir dann auch laufend einschenken. Am darauf folgenden Morgen bin ich total einparkiert. Was nun? Die Lösung: Den 15er starten und warten. Innert Minuten kommen alle genervt aus ihren Betten herbeispaziert und fahren brav zur Seite. Themenwechsel: Unterdessen ist schon wieder eine Scheibenwischer-Reparatur angesagt. Falls ich richtig gezählt habe, handelt es sich bereits um die Fünfte. Ich brauche dringend einen Lötkolben.

Freitag, 21.6.: Es ist 20.30 Uhr und ich liege 30 Kilometer von Mora entfernt. Ein Campingplatz-Besitzer will sage und schreibe 265 Schwedische Kronen für den Platz und ebensoviel für die Camping-Mitgliedschaft in Schweden. NEIN, nicht mit mir. Das ist purer Wucher. Ich fahre weiter und zeige ihm dabei zweimal einen meiner Finger. Im Nachhinein tut mir das leid. Das hätte ich wohl nicht machen sollen. Aber diese Preise trieben meinen Blutdruck in die Höhe.

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Endlich: Rentiere.

Eine ältere Dame mit Dracula-Zähnen sagt mir, ich solle 300 Meter weiterfahren, und dann rechts in den Wald einbiegen. Da sei ein lauschiges Plätzchen. Sie würde dann etwas später mit dem Hund vorbeikommen. Die Frau macht mir ein wenig Angst. Da ich nicht gebissen werden will, fahre ich weiter und finde acht Kilometer weiter einen offiziellen Gratis-Nachtplatz. Zum Glück. Schliesslich ist bald Vollmond.

Samstag, 22.6: Ich befinde mich zehn Kilometer vor Filipstad und ca. 60 Kilometer von Kristinehamm entfernt. Es ist sehr kalt und regnerisch. Ich sitze um drei Uhr nachmittags im Schäferwagen und heize was das Zeug hält. Ich esse eine Kleinigkeit und koche Tee, um mich aufzuwärmen. Plätzlich klopft es an der Türe. Draussen steht ein Deutscher und sagt zu mir, dass man meine Autonummer – „SG = Sargans!??“ – hier nicht alle Tage sehe. Wir kommen ins Gespräch. Die Besuche und unangenehmen Begegnunen nehmen zu. Deshalb weiche ich mehr und mehr auf kleine Campingplätze aus. Es klopfen immer wieder irgendwelche Leute an meine Türe. Sie sind halt neugierig. Ein alter Finne zerrt mich gar am Ärmel vor den Schäferwagen um mich zu fotografieren. Fremdsprachen kann er keine. Vielleicht wird er darum grob. Gegen Ende des heutigen Tages wechsle ich die hinteren Räder von links nach rechts um zu testen, ob sich das Profil so gleichmässiger abnutzt. Ausserdem erstaunt es mich, dass ich hier im Nirgendwo plötzlch Internet habe. Die Technik scheint keine Grenzen zu kennen.

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Der Traktorist ist hungrig.

Mir geht es nach wie vor gut. Der 15er läuft bestens und ich erreiche nun mehr und mehr Ortschaften, die mir verkehrstechnisch einigen Respekt einflössen. So geschieht es oft, dass ich bei Grün über Kreuzungen fahre und ich mich bei Rot aufgrund meines Tempos erst inmitten dieser befinde. Sehr unangenehm, so was.

Liebe Grüsse an alle !!!

Heini und der 15er

PS: Ein Deutscher und ein Schweizer fotografieren mich und mein Gefährt. Ihre Frauen stehen daneben. Da meint die eine zur anderen: „Vermutlich ist dieser Mann (ich) nicht sehr wohlhabend. Schliesslich fährt er mit einem Traktor auf Reisen.“ Da meint die Schweizerin: Das könnte täuschen. Schau‘ mal, der trägt einen Seidenschaal von Frontline aus Zürich. Der ist sogar handroliert.“ Kein Kommentar.


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Immer ostwärts – Dresden bis Suwalken

IMG_0026Montag, 13. Mai: Die Aufhängung zum Verdeck ist  schon wieder gebrochen. Ich repariere sie notdürftig und fahre weiter von Dresden nach Boleslawiec. Am Grenzübergang zu Polen stehen elf leichte Mädchen und winken meinem 15er zu. Einige davon bringen auch einige Pfund mehr auf die Waage. Nach der Grenzüberquerung sehe ich um mich herum weite Ebenen mit fruchtbarem Land, so weit das Auge reicht. Die Rapsfelder stehen in voller Blüte. Leider finde ich keinen keinen Campingplatz. Zwar bietet mich ein Arzt, bei ihm zu Hause zu übernachten, ich habe aber persönliche Bedenken und lehne ab. Im Hinterhof eines „Ha Noi“-Lokals verbringe ich die Nacht. Das Lokal und seine Gäste sorgen bis 02.00 Uhr für regen Betrieb. Ein Schaulustiger fotografiert mein Gefährt um diese Urzeit. Toll. Das Blitzlicht ist nicht zu übersehen.

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Dresden an der Elbe.

Dienstag, 14. Mai: Auch heute finde ich keinen Campingplatz. Etwas verzweifelt fahre ich in ein kleines Dorf und versuche Passanten befragend einen zu finden. Zwecklos. Alte Leute haben weisen mich ab und eine sehr alte, gebückt gehende Frau, hat dermassen Angst vor mir, dass sie sich schnell in ihrem Haus verkriecht. Ein junger Mann und sein Vater sind schliesslich meine Rettung. Ich darf in ihrem Innenhof übernachten und werde von ihnen sogar zum Abendessen eingeladen. Nur der Junge spricht Englisch. Am nächsten Morgen ist dieser noch anwesend und lädt mich zum Frühstück ein. Dort berichtet er, dass er heute nicht ins Gymnasium müsse, ja sogar schulfrei erhalten habe, weil ja nur er mit mir sprechen könne und man mich schliesslich auch gebührend – sprich mittels Übergabe einer grossen Wegzehrung – verabschieden müsse.

Mittwoch, 15. Mai: Ich fahre die unglaubliche Tagesdistanz von 210 Kilometern. Mehr als eine Stunde lang suche ich nachts nach einem Campingplatz. Schliesslich werde ich fündig. Doch es ist kein Mensch weit und breit. Ich bin der einzige Gast. Der Platzwart entschuldigt sich später und möchte mir als Wiedergutmachung Geld anbieten.

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Raps wohin das Auge reicht.

Donnerstag, 16. Mai: Ich fahre bis Torun. Eine Strecke von 118 Kilometern. Es ist einfach tolles Wetter. Das Moskito-Fenster kommt erstmals zum Einsatz. In Torun befindet sich ein sehr schöner, aber äusserst lärmiger Campingplatz. Das stört vor allem zur Schlafenszeit gewaltig. Bis hierhin ist die Landschaft weitgehend eben. Die lokalen Felder sind riesengross und allesamt bestellt, die Strassen mörderisch und nicht vergleichbar mit schweizerischen Verhältnissen.

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Wer findet alle Schlaglöcher?

Freitag, 17.Mai: Es geht weiter von Torun bis Ostroda. Die Strassen sind so schlecht, dass ich meinem Unmut freien Lauf lasse: „NEI! NEI! NEI!“, aber es nützt alles Jammern nichts. Da muss ich durch. An einem schönen See in einem Föhren-Wald übernachte ich. Vor zwei Wochen war dieser noch zugefroren. Der Ort stimmt mich hingegen wieder versöhnlich. In der Gegend wird vor allem Raps und Hafer angebaut. Bauern sind nicht zu sehen. Auch Alltagsprobleme begleiten mich: Seit mehr als eineinhalb Wochen möchte ich eine Schere kaufen, um mir meinen Schnauzer stutzen zu können. Das Unterfangen scheint in dieser Gegend unmöglich zu sein. Und plötzlich ein Silberstreif am Horizont: Auf meiner Fahrt mache ich Halt bei einem kleinen Laden. Die Frage nach einer Schere erübrigt sich aber spätestens, nachdem ich die dickliche, ältere Verkäuferin sehe: Sie trägt im Gesicht mehr Haare als ich. Ich muss mir das Lachen verkneifen. Einkaufen tue ich trotzdem: Vier Tomaten, eine Gurke, ein Eis, ein Brot, eine Packung Tee, ein Cervelat (oder wenigstens so was Ähnliches), zwei Trockenwürste und zwei Äpfel. Gesamtpreis: Fr. 6.-

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Waschtag im Hause Wild.

Samstag, 18.Mai: Ich habe Glück. Meine Kugelkopfanhängevorrichtung hat sich gelöst und ich hätte während der Fahrt beinahe die 42mm-Schraube verloren. Larek und Larek – zwei mittelalterliche Saufkumpane –  (Alkoholverbrauch: ca. 5l Korbflaschen-Schnaps in zwei Tagen), können mir zum Glück beim Schraube-Anziehen helfen. Ein Lehrerehepaar aus München schenkt mir eine selbst gemachte Krabbe, ein Herzchen und Glückssteine. Danke, das hat mich sehr gefreut.

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Auch so kann man etwas reparieren.

Sonntag, 19.Mai: Ich fahre bis Augustow. Die Landschaft ist wieder hügeliger und nicht mehr so fruchtbar. Eine Gruppe Männer sitzt am Wegrand  und säuft. Ich möchte ein Foto machen. Einer merkt es, erhebt die Faust und läuft mir nach. Zum Glück ist mein 15er schneller. Schwein gehabt! Auch sonst ist heute ein eher trüber Tag: Im Begriff ein Foto eines Dorfes zu machen, fahre ich auf die Seite und gehe etwas der Strasse entlang zurück. Dabei sehe ich ein Tiger-Büsi und rufe ihr zu: „Geh weg von der Strasse!“. Sekunden später kommt ein Raser und überfährt die Katze. Sie liegt sehr schwer verletzt da. Ich muss sie erlösen – schnell. Sofort hole ich meine Axt aus der einen Kiste und laufe zu ihr hin. Sie zuckt noch mit dem linken Hinterbein, dann ist es vorbei. Zwei Tränen laufen mir über die Wange. Das traurige Erlebnis beschäftigt mich den ganzen Tag lang. Die Zeit vergeht. – Unterdessen bin ich in Litauen angekommen und die Strassen sind hier zum Glück etwas besser. Meinem 15er sage ich täglich, dass er’s gut macht. Allerdings bin ich mir bei aller Euphorie nicht ganz sicher, ob ich mich momentan gerade auf der Autobahn befinde 😉IMG_0019

Bis zum nächsten Mal! Ich Grüsse euch ALLE! Es geht mir gut und ich bin weiterhin motiviert unterwegs. Bis bald!


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Ich bin dann mal weg

Sonntag, den 5.5.2013 um 05.00 Uhr Ortszeit fahre ich los.

Und so wohne ich:

Küche mit Edelstahlspühle.

 

Stromversorgung 220 V und Solar

Stromversorgung 220V und Solaranlage.

Küchenschrank

Küchenschrank

Heizung

Heizung

Solaranlage für: GPS / Handy/Ipod

Solaranlage für GPS, Handy und iPod.

Polstergruppe

Polstergruppe

Musik

Musikanlage

Westseite mit Aussentisch /Stuhl und Sonnenbeheiztem Wasser/Reservediesel Materialkiste Südseite mit Geranien

Westseite mit Aussentisch, Stuhl und sonnenbeheiztem Wassersack. Ausserdem Reservediesel und Materialkiste. Südseite mit Geranien.